Pakistan: Mehsud soll tot sein:Was die Taliban besiegt

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Mehsud soll tot sein. Das mag ein Erfolg sein. Zunächst. Denn der Tod des Führers der pakistanischen Taliban wird die Islamisten nur kurz irritieren.

Stefan Kornelius

Wenn der Anführer von mehreren tausend Militanten getötet wird, die Quelle der größten terroristischen Gefahr für Pakistan, dann ist das zunächst ein Erfolg. Die Bewegung ist verunsichert, sie ist mit Nachfolgekämpfen beschäftigt, sie hat eine Identifikationsfigur verloren. Außerdem zeigt der pakistanische Staat, dass er es ernst meint mit der Verfolgung der Terroristen, auch wenn er dabei die Hilfe des amerikanischen Geheimdiensts in Anspruch nimmt.

Pakistan: Binnenflüchtlinge aus dem umkämpften Swat-tal disktieren über die Meldung, dass Taliban-Führer Mehsud tot sein soll (Foto: Foto: AP)

Immerhin hat der nun offenbar getötete Baitullah Mehsud den Terror der Taliban gegen den pakistanischen Staat gerichtet und damit den wahren Machtanspruch seiner Bewegung deutlich gemacht. Der Mord an der Präsidentschaftskandidatin Benazir Bhutto ist das sichtbare Zeichen seiner Beherrschungsphantasien.

Diese Taliban sind aber kein militärischer Gegner im klassischen Sinn. Zwar sind sie organisiert, folgen Befehl und Gehorsam. Aber gleichzeitig sind ihre Hierarchien nur bedingt wichtig. So asymmetrisch wie ihr Kampf ist auch die Logik dieser Organisation. Die Bundeswehr hat das gerade erfahren: Die Terroristen weichen der direkten Auseinandersetzung aus. Und ihr Führungspersonal ist sofort ersetzbar. Jedes Jahr erreichen 60000 junge Männer in den pakistanischen Stammesgebieten das 16. Lebensjahr - da herrscht kein Mangel an Nachwuchs.

Wie kann man die Taliban stoppen?

Die mutmaßliche Tötung des Taliban-Anführers in Pakistan hat also vor allem einen symbolischen Wert. Aber was, wenn der Tod an der Auseinandersetzung nicht wirklich etwas ändert? Wie kann man die Taliban stoppen? Wie misst man Erfolg im pakistanisch-afghanischen Krisengebiet? Es ist bemerkenswert, dass sich die internationalen Truppen und an ihrer Spitze die USA diese Fragen erst jetzt stellen, nachdem jede denkbare Taktik in dieser komplizierten Weltregion ausprobiert worden ist. Sicher ist, dass die Zahl der getöteten feindlichen Kämpfer nicht über den Ausgang des Krieges entscheidet. Die Taliban werden sich nicht wegschießen lassen.

Sicher ist außerdem, dass die unentschlossene Bevölkerung - die über Jahrzehnte hinweg ihr Schicksal in die Hände der jeweils stärksten Figur in ihrer Umgebung gelegt hat - von der Aufrichtigkeit des westlichen Engagements überzeugt werden muss. Hier ist Erfolg messbar: Wie viele Kilometer Straße sind sicher befahrbar? Wie viele Dorfälteste stehen auf der Seite des Staates? Schließlich lässt sich das Vertrauen in das neue System überprüfen: Richter müssen urteilen, Strafen müssen exekutiert werden, Beamte müssen fair entscheiden.

Der größte Erfolg bestünde aber darin, all den jungen 16-Jährigen in den Stammesgebieten die Aussicht auf ein Leben in Würde zu geben - mit Arbeit im Dienst der Familie, als Bauern, als Hirten, als Händler. Noch zahlen die Taliban den besseren Lohn und verschaffen Anerkennung. Diesen Vorteil muss man ihnen nehmen. Dann wären ihre Anführer auch nicht mehr Ziel von Drohnen.

© SZ vom 08.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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