Pakistan:Luftwaffe bombardiert Rebellen-Hochburg

Drei Tage nach der Präsidentenwahl eskaliert in Pakistan die Gewalt. Bei Kämpfen mit islamischen Extremisten wurden im Grenzgebiet zu Afghanistan bis zu 250 Menschen getötet.

Bei Luftangriffen auf pakistanische Stammesgebiete an der Grenze zu Afghanistan sind am Dienstag erneut mindestens 50 islamistische Rebellen getötet worden. Nach Angaben der Armee wurden etwa genauso viele Aufständische verletzt.

Das Militär flog demnach mehrere Angriffe auf Gebiete nahe Mir Ali, der zweitgrößten Stadt der Provinz Nord-Waziristan. Wie Anwohner berichteten, waren kurz zuvor hunderte pakistanische Einwohner der Stadt in Nachbarorte geflüchtet.

Bei den seit Sonntag andauernden Kämpfen zwischen Armee und Rebellen kamen Militärangaben zufolge bisher mindestens 250 Menschen ums Leben, rund 200 Rebellen und knapp 50 Soldaten.

In Mir Ali seien mehr als 50 Häuser bei den Kämpfen beschädigt worden, berichteten Einwohner. Pakistanische Truppen riegelten den Angaben zufolge die Stadt ab, über der Hubschrauber kreisten. Verzweifelte Anwohner flehten das Militär über die Lautsprecher von Moscheen an, ihre Häuser nicht zu beschießen, sagte der Stammesälteste Malik Iqbal Khan. Angaben von Anwohnern, nach denen auch mehrere Zivilisten unter den Toten waren, wollte die Armee nicht bestätigen. Das Militär griff nach eigenen Angaben nur Rebellen in Mir Ali an.

Blutigsten Gefechte seit 2003

Die Kämpfe waren am Sonntag in der Region Nord-Waziristan ausgebrochen, nachdem Rebellen mehrere Armee-Konvois beschossen hatten. Die pakistanische Luftwaffe flog daraufhin Angriffe auf die Rebellen. "Die Armee kämpft gegen gut ausgebildete Aufständische", sagte Sprecher General Waheed Arshad. Durch Verbindungen nach Afghanistan erhielten die Rebellen Geld und Waffen.

Die Kämpfe der vergangenen drei Tage sind die blutigsten, seit der pakistanische Präsident Pervez Musharraf 2003 mehrere tausend Soldaten in das Stammesgebiet entsandte. Das Gebiet wird von pakistanischen Extremisten und afghanischen Taliban als Rückzugsgebiet genutzt.

Nach Behördenangaben wurden in Afghanistan unterdessen 14 Taliban getötet. Zehn von ihnen sowie ein afghanischer Polizist kamen demnach bei Gefechten in der Nacht zum Dienstag ums Lebens. Zehn weitere Taliban-Kämpfer seien verletzt worden, sagte Dschuma Chan, Einsatzleiter der Provinz-Polizei. Mehr als hundert Taliban hatten zuvor einen Polizeiposten in der im Westen gelegenen Provinz Farah gestürmt. Vier weitere Taliban wurden nach Angaben des Armee-Sprechers Mohammad Gul am Montag getötet, als sie von einer ISAF-Einheit in der östlichen Provinz Paktika angegriffen wurden.

Geiseln freigelassen

Zwei afghanische Mitarbeiter einer dänischen Hilfsorganisation wurden von ihren Entführern am Montag in der Provinz Logar nahe Kabul freigelassen. Nach Angaben der Hilfskommission für afghanische Flüchtlinge waren Verhandlungen mit den Angehörigen vorausgegangen. An der Freilassung des in Afghanistan festgehaltenen deutschen Ingenieurs Rudolf B. arbeitete das Auswärtige Amt am Dienstag weiter "mit unverminderter Intensität". Der Krisenstab werte alle verfügbaren Informationen aus, sagte eine Sprecherin.

Die Streitkräfte lehnten den Vorschlag eines Waffenstillstands ab. Die als Strafmaßnahmen bezeichneten Militäraktionen würden so lange fortgesetzt, bis der Frieden in der Region wiederhergestellt sei, hieß es in einer Erklärung der Streitkräfte.

Pakistan hatte sich im vergangenen Jahr auf einen Waffenstillstand mit den Extremisten eingelassen, was von den USA scharf kritisiert worden war. Waziristan gilt als Rückzugsgebiet der afghanischen Taliban und des Terrornetzwerks Al Kaida.

Benazir Bhutto vor Rückkehr

Die Eskalation der Gewalt im Grenzgebiet fällt in eine Zeit der innenpolitischen Krise. Präsident Pervez Musharraf wurde zwar am Samstag vom Parlament im Amt bestätigt, doch steht die Wahl noch unter dem Vorbehalt einer gerichtlichen Überprüfung. Am Donnerstag nächster Woche will die frühere Ministerpräsidentin Benazir Bhutto aus dem Exil nach Pakistan zurückkehren.

Ein Gericht in Karachi lehnte am Dienstag jedoch ihren Antrag ab, ihr im Fall einer Verhaftung vorsorglich eine Freilassung auf Kaution zu gewähren. Begründet wurde die Entscheidung mit einer Zusicherung der Regierung, dass Bhutto nicht mit einer Verhaftung rechnen müsse.

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