Pakistan:Ein Land auf der Couch

Die liberale Führung leidet unter dem Einfluss der Islamisten.

Von Tobias Matern

Eine pakistanische Psychotherapeutin hat ihrer Nation schon vor Jahren die Couch empfohlen, um über Identität, Toleranz und Religion nachzudenken. Nur durch eine ehrliche Auseinandersetzung mit diesen heiklen Themen könnte die Gesellschaft des muslimischen Landes die Talibanisierung stoppen. Längst beherrschen die Radikalen die Köpfe, der Spielraum für Liberale wird kleiner. Wer ein vermeintlich guter Muslim ist? Das legen nicht die klügsten Denker, sondern die Extremisten fest.

Nun haben in diesem Kräftespiel wieder einmal die Islamisten ihre Macht demonstriert und den Rücktritt des Justizministers erwirkt. Wochenlang hatten die Hardliner in der Hauptstadt gegen Zahid Hamid agitiert und Parolen gegen den angeblichen Gotteslästerer gebrüllt. Gestoppt hat sie niemand. Es ist sicher keine unrealistische Vermutung, dass Teile des allmächtigen Militärs solche Demonstrationen goutieren, wenn ein Politiker der Zivilregierung dadurch in Bedrängnis gerät.

Der Minister hat mit dem Rücktritt nicht nur seine politische Karriere unterbrochen, sondern vor allem sein Leben geschützt. Schon der Vorwurf der Gotteslästerung kann in Pakistan reichen, um ermordet zu werden. Das haben tödliche Anschläge auf Politiker in den vergangenen Jahren gezeigt. Die kollektive Therapie - sie wäre wichtig für Pakistan. Doch sie ist wieder einmal verschoben.

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