Paketdienste:Helden des Sonntags

Zustell-Branche feilt an ihrer Zustellprognose

"Die Versorgung mit Paketdienstleistungen in Bayern sicherstellen": In München waren Paketenboten der Post auch am Sonntag tätig.

(Foto: Jan Woitas/dpa)

In München hat die Post ihre Paketzusteller erstmals an sieben Tagen losgeschickt. Sie möchte, dass das Beispiel Schule macht.

Von Benedikt Müller, Roland Preuss

Tausende Haushalte in München bekamen diesen Sonntag ungewohnten Besuch. Die Deutsche Post ließ gut 50 000 Pakete in der Stadt ausfahren. Darin steckten vor allem Waren, die Kunden im Internet bestellt hatten. Was bislang allenfalls zu Streikzeiten oder an einzelnen Adventssonntagen geschehen durfte, hat das Bayerische Arbeitsministerium nun ausnahmsweise genehmigt. Die Schicht an diesem Sonntag sei nötig gewesen, "um die Versorgung mit Paketdienstleistungen in Bayern sicherzustellen", heißt es von der Post; sie hatte die etwa 400 DHL-Fahrer mit einem Sonntagszuschlag und einem Ausgleich der Überstunden gelockt.

Geht es nach dem Konzern, dürfte der Fall ruhig Schule machen. "Es wäre hilfreich, wenn wir einen weiteren Tag bekommen könnten, um in der aktuellen Situation der Flut der Pakete Herr zu werden", sagte Thomas Schneider, Produktionschef der Post in Deutschland, der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Der Konzern liefere derzeit etwa neun Millionen Päckchen und Pakete täglich aus. Das sind fast so viele wie in der Hochsaison vor Weihnachten - und deutlich mehr als die üblichen 5,2 Millionen pro Tag. Da wegen der Corona-Krise zahlreiche Läden geschlossen sind, versorgen sich viele Haushalte online.

Zwar habe die Post Anträge nach Münchner Vorbild auch in Regionen wie Berlin gestellt, so Schneider, um "einen Kollaps des Paketsystems zu vermeiden". Doch sei man dort bislang auf Ablehnung gestoßen. Im Laufe dieser Woche werde der Konzern die Paketmengen erneut prüfen und gegebenenfalls weitere Ausnahmen beantragen, kündigt ein Sprecher an.

Online-Lebensmittelhändler melden in der Krise eine höhere Nachfrage

Der Onlinehändler Amazon, der in Ballungsräumen auch selbst Waren zustellen lässt, teilt auf Anfrage mit, dass Amazon Logistik nicht am Sonntag liefere; zu möglichen Plänen dazu wolle man sich nicht äußern. Auch die Post-Konkurrenten DPD und GLS benötigen nach eigenem Bekunden bislang keine Sonntagszustellung, um die Paketmengen zu bewältigen. Dennoch fände DPD Regelungen in diese Richtung "sinnvoll", sagt ein Sprecher auf Anfrage. "DPD sieht das allerdings weniger als Kapazitätsreserve, sondern als zusätzliche Option für Empfänger, die unter der Woche nur schwer anzutreffen sind."

Bei der Gewerkschaft Verdi kann man diesem Argument indes nicht viel abgewinnen - schon gar nicht in Zeiten, in denen viele Menschen von zu Hause aus arbeiten. "Aufgrund der bestehenden Kontaktbeschränkungen in der Corona-Pandemie ist die Erreichbarkeit der Kundinnen und Kunden in der Zustellung sehr hoch", sagt ein Sprecher auf Anfrage. Für die Beschäftigten der Paketdienste bedeutet der Boom in diesem Frühjahr vor allem: noch mehr Arbeit. "Die Sonntagszustellung kann kein Ersatz für benötigtes Personal sein", warnt Verdi. "Die Belastung der Beschäftigten ist bereits jetzt extrem."

Dementsprechend sucht die Post nun Verstärkung. Seit Anfang April habe der Konzern gut 2000 zusätzliche Vollzeitstellen in Deutschland geschaffen, so Produktionschef Schneider. "Darüber hinaus wollen wir bundesweit weitere 2000 Arbeitsplätze in den nächsten Wochen aufbauen."

Derweil melden auch Online-Lebensmittelhändler in der Corona-Krise eine höhere Nachfrage. Und das, obwohl Supermärkte weiterhin geöffnet haben - und je nach Bundesland sogar länger und sonntags aufsperren dürfen. Den Trend bestätigt etwa der Zahlungsdienstleister Klarna. Lebensmittel und Getränke waren demnach bei Online-Käufen am beliebtesten. Dagegen sehen viele große Lebensmittelunternehmen wegen der Corona-Krise eher nicht die Notwendigkeit, sonntags zu öffnen, heißt es vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. Zudem sei der Sonntag für die Beschäftigten der Branche, die in der Corona-Krise ein besonders hohes Arbeitspensum leisten, als Ruhe- und Erholungstag wichtig.

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