Süddeutsche Zeitung

Paketbomben aus Griechenland:Polizei nimmt Verdächtige fest

Die Paketbombe im Kanzleramt wurde von Athen aus verschickt. Dort hat die griechische Polizei zwei Verdächtige festgenommen. Indessen wurde ein Sprengsatz an einen weiteren Regierungschef verschickt.

Auf frischer Tat hat die griechische Polizei zwei mutmaßliche Extremisten ertappt und festgenommen. Sie hatten zwei Bomben bei sich, die sie an die belgische Botschaft in Athen und an den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy schicken wollten.

Indessen gingen die Anschläge in der griechischen Haupstadt weiter. In der Nacht zum Mittwoch brannten nach Berichten des Staatsradios zwölf Autos völlig aus. Die Täter werden im Sympathisantenkreis der linksradikalen Terror-Szene vermutet, der auch die Bombenserie zugerechnet wird.

Die beiden festgenommenen Verdächtigen hatten am Montag und Dienstag - wohl in Zusammenarbeit mit weiteren unbekannten Tätern - Pakete mit Brandsätzen an mehrere Botschaften geschickt. Auch die diplomatischen Vertretungen Deutschlands und der Schweiz waren betroffen.

Das Päckchen mit Sprengstoff, das an Bundeskanzlerin Angela Merkel addressiert war und rechtzeitig entschärft wurde, stammte ebenfalls aus Griechenland. Als wahrscheinlicher Absender gilt ebenfalls eine linksextremistische Gruppe. Ein Briefbomben-Paket für den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi wurde ebenfalls rechtzeitig abgefangen, ging beim Öffnen allerdings in Flammen auf. Verletzt wurde den Angaben der Nachrichtenagentur Ansa zufolge allerdings niemand. Das verdächtige Paket war an Bord eines Fluges einer Kurierfirma von Athen nach Paris entdeckt worden. Die Sprengstoffsendung an das Bundeskanzleramt war mit dem gleichen Kurierdienst verschickt worden, die Firma verschärfte daraufhin ihre Kontrollen.

Trotz der Hinweise auf die linksradikale Szene Athens wollte Italiens Innenminister Roberto Maroni italienische Anarchisten als Urheber nicht ausschließen. "Verbindungen zwischen der italienischen und der griechischen Anarcho-Szene sind bekannt, wir werden daher eine italienische Beteiligung an den versuchten Anschlägen überprüfen müssen", sagte Maroni. Das politische Klima sei schon seit langem überspannt, und die offene Polemik gegen Berlusconi könne derartige Anschläge gefördert haben.

Polizei fahndet nach weiteren Paketbomben

Zwei weitere Paketbomben machten die Einsatzkräfte am Dienstagabend auf dem Flughafen von Athen unschädlich. Sie waren an den Europäischen Gerichtshof und an Europol adressiert. Die Sicherheitskräfte versuchen zu ermitteln, ob noch weitere Bomben unterwegs sind. Aus diesem Grund wurden für 48 Stunden alle Kurierdienste von Griechenland ins Ausland eingestellt. Zudem veröffentlichte die Polizei in Athen Fotos von fünf weiteren Verdächtigen.

Die Sicherheitsbehörden planten, alle Pakete kontrollieren, die am Athener Flughafen ankamen. Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou verurteilte die Bombenserie in Athen und den vereitelten Briefbomben-Anschlag auf Bundeskanzlerin Merkel scharf. "Wir widersetzen uns unerbittlich jedem, der mit Terroraktionen und Gewalt versucht, dem sozialen Frieden und dem Bild des Landes im Ausland zu schaden", sagte Papandreou.

Bundeskanzlerin Merkel forderte indes größere Anstrengungen zur Schließung möglicher Sicherheitslücken beim Luftfracht-Transport. Die Bombenfunde in Europa müssten "Anlass sein, die Kontrollen für Frachtgüter innerhalb Europas, mit den Vereinigten Staaten und dann möglichst weltweit besser abzustimmen", sagte die Kanzlerin der Passauer Neuen Presse. Bundesinnenminister Thomas de Maizière erklärte am Abend, die Paketbombe hätte "durchaus nicht unerheblichen Schaden anrichten können".

Die Deutsche Polizeigewerkschaft warnte angesichts des Bombenfundes und der Entdeckung zweier Sprengsätze aus dem Jemen vor einem weiteren Stellenabbau bei der Polizei. "Für das Kanzleramt sollte der Vorgang ein Weckruf sein", sagte hat der Gewerkschaftsvorsitzende, Rainer Wendt, der Online-Ausgabe des Handelsblatts. Nach dem Motto "Es wird schon gut gehen" werde "tausendfacher Stellenabbau geplant und auf freiwillige Bereitschaft der Unternehmen gesetzt, Sicherheitsstandards einzuhalten".

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