Die Bundesregierung hat die Spitzendiplomatin Helga Schmid als Präsidentin der Generalversammlung der Vereinten Nationen nominiert. Es geht um die 80. Sitzungsperiode, die von Anfang September 2025 bis Anfang September 2026 dauert. Die Generalversammlung ist das wichtigste politische Beratungsorgan der UN. Sie beschließt den Haushalt und hat umfassende inhaltliche Kompetenzen. Allerdings haben ihre Resolutionen in vielen Bereichen nur den Charakter von Empfehlungen. Für die Friedenssicherung ist primär der UN-Sicherheitsrat zuständig (wo sie indes oft am Veto Russlands scheitert).
Das Amt wird reihum von den fünf Regionalgruppen der UN besetzt; 2025 ist das die Gruppe der westeuropäischen und anderen Staaten. Die Generalversammlung wählt dann Anfang Juni 2025, üblicherweise stimmt sie per Akklamation und ohne Gegenkandidaten ab. Die Präsidentin der UN-Generalversammlung vertritt während ihrer Amtszeit die UN-Mitgliedstaaten in ihrer Gesamtheit.
Schmid führte die OSZE durch die Krise
Helga Schmid, 63, ist seit Dezember 2020 Generalsekretärin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien. Zuvor bekleidete sie Spitzenfunktionen im Europäischen Auswärtigen Dienst und war maßgeblich an den Verhandlungen über das 2015 geschlossene Atomabkommen mit Iran beteiligt.
Spätestens mit ihrem Wechsel von der Donau an den East River muss auch die OSZE eine neue Führung finden. Ende 2023 war die Amtszeit von Schmid und drei weiteren OSZE-Spitzenfunktionären nur bis Anfang September verlängert worden. Gegenwärtig bemüht sich Malta, das 2024 den Vorsitz innehat, ein neues Personalpaket zu finden, dem alle Mitglieder zustimmen können. Die sechs Männer, die ihre Nachfolge antreten wollen, heißt es in Wien, seien respektabel – „aber kein Schwergewicht wie Helga Schmid“.
Zu den 57 Mitgliedern der OSZE gehören neben den EU-Ländern, Großbritannien, Kanada und den USA auch die Staaten Zentralasiens sowie Belarus, die Ukraine und Russland – und alle haben ein Vetorecht. Blockaden gehörten schon vor dem 24. Februar 2022 zum Alltag, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine stürzte die Institution in die Krise. So musste Schmid die Evakuierung von knapp 500 internationalen Mitarbeitern organisieren; bis heute sitzen drei ukrainische Angestellte der Beobachtermission in den sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk in Haft.
Schmid fordert Russland regelmäßig auf, den „Angriffskrieg“ zu stoppen
Seit 2021 hat die OSZE keinen regulären Haushalt mehr, doch dank Schmids exzellenter persönlicher Kontakte werden viele Projekte nun „extrabudgetär“ finanziert, also durch Spenden von OSZE-Mitgliedern und Partnern wie Japan. Über ein Hilfsprogramm für die Ukraine sind 75 Mitarbeiter im Land, die sich mit dem Menschenhandel oder den ökologischen Folgen des Krieges befassen.
Die meisten Diplomaten in Wien sprechen von einem „Glücksfall“, dass in dieser Krisenzeit Schmid die OSZE führt. Die zwölf Feldmissionen in Zentralasien, dem Westbalkan und der Republik Moldau bestehen fort; Schmid hat zudem die Themen Klimawandel als Sicherheitsrisiko und Geschlechtergerechtigkeit vorangetrieben. Dass sie unermüdlich für ihre Ziele kämpft, gefällt nicht allen. „Die einen bewundern sie, die anderen fürchten sie“, so ein Insider.
Auch wenn eine OSZE-Generalsekretärin Kontakt zu allen Mitgliedern halten muss, fordert Schmid regelmäßig Russland auf, den „Angriffskrieg“ zu stoppen, woraufhin ihr Moskau vorwirft, „parteiisch zu sein“. Die Ukraine und deren Unterstützer wünschen sich hingegen mehr Härte. Dass sie genügend russische Diplomaten aus vielen Dossiers, etwa dem Iran-Nukleardeal, kennt, schadet jedenfalls nicht.