Süddeutsche Zeitung

OSZE:Deutschland unter Beobachtung

Noch nie hat die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa so viele Beobachter zu einer Wahl nach Deutschland entsandt. Waum nur? Misstraut die OSZE etwa dem deutschen Wahlsystem?

Werden Stimmzettel manipuliert? Kandidaten durch den Staat eingeschüchtert? Oder Wahlergebnisse im Nachhinein verändert? Wenn Wahlen anstehen, sind oft internationale Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) dabei, in den 57 Staaten, die der OSZE angehören, übernehmen das regelmäßig Experten der Organisation. Dazu gehören europäische Staaten, die Türkei, die USA und Kanada sowie die Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Je mehr Unregelmäßigkeiten erwartet werden, so der übliche Ansatz, desto mehr Beobachter machen sich auf.

Bei der Bundestagswahl sind so viele OSZE-Beobachter dabei wie noch nie. Hintergrund sei aber kein Misstrauen gegen das deutsche Wahlsystem, sagt Michael Link. Er war bis zu diesem Sommer Direktor des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte. Er wertet den Besuch der Beobachter eher als Zeichen der Offenheit der Bundesrepublik: "Deutschland kann zeigen, wie die deutsche Demokratie funktioniert". Einschätzungen, wonach die vielen Beobachter bei der Wahl ein Misstrauensvotum gegen das System sei, weist auch die Organisatorin der parlamentarischen Delegation, Iryna Sabashuk, zurück: Es seien keine innerdeutschen Gründe, welche die Experten zu ihrer Beobachtermission gebracht hätten, sagt sie. Es war die Bundesregierung selbst, die im März die OSZE eingeladen hatte, am Wahlsonntag waren gleich zwei OSZE-Delegationen im Land.

Erstmals zu Gast war eine Abordnung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE. Die 43 Parlamentarier aus 25 Ländern wie Russland, Kasachstan oder Italien prüften, ob Bürger geheim wählen konnten, ob sie auf ihrem Weg in die Kabine beeinflusst wurden oder ob im Stimmlokal Wahlwerbung betrieben wurde.

Die zweite Delegation bildeten vier Experten des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte, die schon seit Wochen im Land sind. Sie untersuchen die Kampagnenfinanzierung und eine mögliche Benachteiligung der AfD. Bei einem Vorbereitungsbesuch hatte die AfD berichtet, keine Räume für Veranstaltungen zu bekommen. Die OSZE untersuche allerdings nur, ob staatliche Diskriminierung geschehe, sagt Michael Link. Er ist überzeugt: "Von staatlicher Benachteiligung der AfD kann in Deutschland überhaupt keine Rede sein."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3681442
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 25.09.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.