Ostfront im Ersten Weltkrieg:Giftgas, Gemetzel und Feiern mit Feinden

Berichte von Verbrüderung, Rassismus und Menschenjagden: Wie bayerische Soldaten die Ostfront im Ersten Weltkrieg erlebten.

Von Jeremias Schmidt

18 Bilder

Deutsches Geschütz an der Ostfront, 1916

Quelle: Süddeutsche Zeitung Photo

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An der Ostfront sind im Ersten Weltkrieg Millionen von Menschen gestorben. Bilder aus dem Archiv von SZ Photo zeigen ausschnittsweise, was sich von 1914 bis 1918 zwischen Baltikum und Schwarzem Meer zugetragen hat. Passagen aus Briefen und Tagebüchern wie bayerische Soldaten den Krieg im Osten erlebt haben. Die Dokumente wurden vom Bayerischen Kriegsarchiv in München zur Verfügung gestellt.

Im Bild: deutsches Artilleriegeschütz in seiner Feuerstellung in Rußland 1916.

Deutsche Ulanen in einem Schützgraben an der Westfront, 1914

Quelle: SZ Photo

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So hatten sie sich den Krieg nicht vorgestellt: deutsche Kavalleristen (Ulanen) im Herbst 1914 in einen Schützengraben in Frankreich. Statt Ruhm in verwegenen Sturmangriffen zu ernten, teilten die stolzen Reiter alsbald den schnöden Grabenalltag der Infanterie:

"Es bauen also Schwere Reiter tiefe Schützengräben, Bretterhütten, Unterstände, Annäherungsgraben und Drahthindernisse. Auch nicht schlecht! Schon mehr Pioniere als Infanterie. Wir hatten keine Ahnung, dass das noch 4 Jahre so weitergehen sollte."

Joseph von Tannstein, Kommandeur des 1. Schwere-Reiter Regiments.

Insbesondere die Kavallerie sehnte sich danach, endlich in den Osten verlegt zu werden, wo die Front noch nicht zu einem undurchdringlichen System aus Schützengräben erstarrt war. Im Frühjahr 1915 sollte es für die bayerischen Truppen, die bis dahin in Gänze an der Westfront eingesetzt waren, schließlich soweit sein.

Deutsche Soldaten pausieren in der Nähe des Flusses Bzura, 1915

Quelle: SZ Photo

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Deutschland hatte 1915 sein Hauptaugenmerk auf den Osten gelegt und in mehreren gewaltigen Offensiven die Armeen des Zaren zur Aufgabe von Russisch-Polen gezwungen. Der bayerischen Kavallerie-Division kam dabei die Aufgabe zu, feindliche Truppen in Litauen zu binden. Ein Bewegungskrieg war es also nun, der die Soldaten erwartete - vielleicht sogar mehr, als manch einem lieb war:

"Es bleibt mir unvergesslich, wie der der Regimentsadjutant, während ich mit ihm sprach, im Stehen einschlief und platt umfiel. Ich selbst konnte mich aus dem Straßengraben absolut nicht mehr herausarbeiten. Sobald überhaupt gehalten wird, fallen die Leute plump neben ihre Pferde hin und viele Pferde legen sich mit ihrer gesamten Ausrüstung neben den Reiter in den Sand, eine Erscheinung die ich in meiner ganzen Dienstzeit noch nicht gesehen hatte."

Joseph von Tannstein, Kommandeur des 1. Schwere-Reiter Regiments

Unser Bild zeigt rastende deutsche Kavalleristen an der Ostfront im Sommer 1915.

Deutsche Soldaten kaufen Kartoffeln, 1915

Quelle: SZ Photo

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Der Osten stellte für den Großteil der bayerischen Truppen eine fremde Lebenswelt dar. Auch lief die anti-slawische Propagandamaschinerie Deutschlands im Sommer 1915 bereits seit fast einem Jahr auf Hochtouren. Einen unvoreingenommenen Blick auf Land und Bevölkerung hatte so kaum ein Soldat, die überlieferten Einschätzungen speziell über die polnische Bevölkerung glichen der Propaganda fast wortgenau. Ein immer wiederkehrendes Thema war dabei die vermeintlich mangelnde Hygiene der Polen:

"Frauen und Kinder suchen sich, auf der Straße sitzend, ganz unbekümmert gegenseitig die Köpfe nach Läusen ab. Polnische Kulturzustände!"

Albert Ritter von Bekh, Bayerisches Reserve-Infanterie-Regiment 23.

"Die Polacken mit ihren langen ungeschorenen Haaren, die oft bis ins Genick reichen, machen einen höchst unsauberen Eindruck."

Joseph Müller, Bayerisches 4. Chevauleger-Regiment

Unser Bild zeigt deutsche Soldaten beim Einbringen von Heu auf einem polnischen Bauernhof.

Deutsche Soldaten in Neu-Sandec in Russisch-Polen, 1915

Quelle: SZ Photo

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Ein Bild, welches zwei Jahrzehnte später undenkbar gewesen wäre: polnische Juden freuen sich über die Ankunft deutscher Soldaten. Im Gegensatz zur polnischen Bevölkerung, herrschte über die Juden ein weitaus ambivalenteres Bild vor. Manche Soldaten sahen die Juden als einzig kultivierte Bevölkerungsschicht, andere zeigten offen antisemitisch:

"Postavy, schöner Ort, kleines Städtchen, machten dort kleinen Halt, die Leute sind selig, dass wir kommen. Eine Jüdin bietet uns gerade Tee an, denn gerade diese wurden, vielleicht mit Recht, von den Russen am Meisten gepeinigt."

Berthold Schenk Graf von Stauffenberg, 1. Schwere-Reiter Regiment

Deutsche Provinzverwaltung in besetzten Gebieten, 1916

Quelle: SZ Photo

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In allen eroberten Gebieten Osteuropas ging die deutsche Militärverwaltung sofort dazu über, die Verhältnisse im Land nach ihren Vorstellungen neu zu ordnen. Hier wird ein älterer Jude im besetzten Russisch-Polen vor dem Passkommando vermessen. Über die diesbezüglichen Maßnahmen in Bukarest schrieb der Sanitätsoffizier Rudolf Geiger:

"Deutsche Organisation überall. Anfangs mochten die damit zusammenhängenden Einrichtungen den davon betroffenen Bewohnern der Landeshauptstadt wohl noch etwas unbequem gewesen sein, die doch sicherlich gehofft hatten, nun erst recht in ihrem gewohnten Schlendrian weiterleben zu können. Aber gründliche Enttäuschung folgte diesen falschen Erwartungen auf dem Fuße. Denn schon machte Bukarest den Eindruck als sei es schon von jeher unter deutschem Regiment gestanden. Verordnungen über Verordnungen, Brotmarken, einmal wöchentlich Fleisch, Einschränkungen in Bezug auf Belichtung, Kohlennot, kurz, fast ganz wie zu Hause."

Deutsche Soldaten auf dem Marsch in Rumänien, 1917

Quelle: SZ Photo

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Mit dem Kriegseintritt Rumäniens Ende Augst 1916 wurden erneut Zehntausende bayerische Soldaten in den Osten verlegt. In den meisten Fällen kamen die Divisionen direkt von den blutgetränkten Schlachtfeldern der Somme oder Verdun an die rumänische Front. Der Kontrast zwischen den Mondlandschaften der Westfront und den Bergen Transsilvaniens hätte kaum größer ausfallen können. Am 6. November 1916 wurde Bukarest besetzt. Die bayerischen Veteranen erinnerten sich wohlwollend an diese kurze Episode des Krieges:

"Für die Kameraden, die Verdun überlebten, war es die reinste Erholung, kein Trommelfeuer, kein Gas, keine Flammenwerfer, nur Mg, Gewehr und Handgranaten fanden bei diesen Kämpfen Verwendung."

Joseph Heumoss, Bayerisches 3. Jäger-Regiment.

Unser Bild zeigt deutsche Kolonnen beim Vormarsch durch die transsilvanischen Alpen.

Gefallene rumänische Soldaten bei Brasov, 1916

Quelle: SZ Photo

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"Tapfer", "heldenmütig", "todesverachtend"- viele bayerische Soldaten beschrieben ihre rumänischen Gegner während und nach dem Krieg mit großem Respekt. Trotz ihrer technischen Unterlegenheit hielten die Rumänen mancherorts den deutschen Angriffen stand. Die Mehrzahl der Gefechte endete in einseitigen Gemetzeln. Über die verheerende Wirkung der deutschen Maschinengewehre schrieb ein Soldat des bayerischen Alpenkorps:

"Ein Band nach dem anderen mit dem stählernen Tod rollt aus dem Kasten. Das Wasser dampft. Wenn unten einer stolpert, hört man hier oben links und rechts einen stöhnenden Ton der Befriedigung. Menschenjagd."

Unser Bild zeigt von deutschen Maschinengewehren niedergemähte rumänische Infanteristen bei Kronstadt.

Deutsche und österreichische Soldaten in Russisch-Polen, 1914

Quelle: SZ Photo

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Im Gegensatz zur Westfront standen die deutschen Truppen im Osten nur selten alleine dem Feind gegenüber. Hier marschieren österreichisch-ungarische (links) und deutsche Truppenkolonnen im Herbst 1914 durch Russisch-Polen. Das Verhältnis zwischen den Verbündeten war nicht immer frei von Spannungen. Gerade das deutsche Offizierskorps sah mit einer Mischung aus Verachtung und Mitleid auf die Heere der Habsburger, welche von einer katastrophalen Niederlage in die nächste gerieten. Die einfachen bayerischen Soldaten lies dies unberührt - sie verstanden sich mit den österreichischen Kameraden oftmals besser, als mit Preußen oder anderen norddeutschen Truppenteilen:

"Überhaupt war die Kameradschaft dieser deutschösterreichischen Artillerietruppe über alles Lob erhaben, und zeitlebens bleibt mir die genussreiche Weihnachtsfeier in Erinnerung, welche die Offiziere der 6. Und 7. Kompanie in der Finanzkaserne in Belbor, dem Quartier unserer österreichischen Kameraden, solange vereinte, dass wir im Morgengrauen unsere Not hatten, über die vereisten Talwiesen nach unseren Quartieren heimzukommen."

Franz Gerhardinger, Bayerisches 16. Infanterie-Regiment

Angriff eines deutschen Sturmtrupps in Ostgalizien, 1917

Quelle: SZ Photo

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Auch das gehörte zur Ostfront: Stacheldraht, Trommelfeuer, Giftgas. Insbesondere in Rumänien führte das Eingreifen Frankreichs zu einem regelrechten "Import" der Verhältnisse der Westfront an den östlichen Kriegsschauplatz. Die Divisionen der neuaufgestellten rumänischen Armee waren dank großzügiger Waffenlieferungen jenen der Deutschen bald ebenbürtig, den österreichisch-ungarischen Truppen gar überlegen. Die Offensiven des Sommers 1917 entlang der Putna entwickelten sich so zu einem zähen Zermürbungskampf ohne entscheidende Geländegewinne:

"Es war doch ein angenehmeres Gefühl, nach dem Osten zu fahren als etwa nach Verdun oder an die Somme. Wir sollten uns diesmal täuschen; diese Ostfront stand der Verdunfront in nichts nach!"

Erinnerung von Soldaten des Bayerischen Infanterie-Leibregiments nach dem Krieg über ihren zweiten Einsatz an der Rumänienfront.

Doch auch an anderen Abschnitten der Ostfront machten sich die Materiallieferungen aus dem Westen bemerkbar. Ausgerechnet die allerletzte russische Offensive des Krieges im Juli 1917 unter General Kerenski sah auch den größten Einsatz schwerster Artilleriekaliber.

Unser Bild zeigt einen deutschen Sturmangriff im Osten, Sommer 1917.

Die Februar-Revolution in Russland 1917

Quelle: SZ Photo

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Ein bisschen Frieden: Als sich im März 1917 die Folgen der Revolution in den Schützengräben bemerkbar machten, reagierte die deutsche Heeresleitung mit einer ungewöhnlichen Maßnahme: durch massive Propaganda und Verzicht auf Kampfhandlungen sollten die russischen Soldaten zum Desertieren ermuntert werden. Über das russische Osterfest im April 1917 wurde gar ein komplettes Schießverbot verhängt. Tatsächlich verließen daraufhin die Russen in Scharen ihre Gräben - dass die deutschen Soldaten es ihnen gleichtun würden, war im Plan der Obersten Heeresleitung allerdings nicht vorgesehen. Es folgte eine breite Welle der Fraternisierung, deren Eigendynamik kaum mehr eingedämmt werden konnte:

"Alles war lustig und guter Dinge. Die Russen küssten unsere Soldaten, konnten sich aber nicht mit ihnen Verständigen. Es war ein Bild zum Malen, doch wäre ich mit einer fotographischen Aufnahme sehr zufrieden gewesen."

Ernst Kießkalt, Bayerisches 3. Landsturm-Infanterieregiment.

Die deutsche Heeresleitung hatte sich gründlich verkalkuliert, die Kampfmoral der Soldaten begann zu bröckeln. Kurz darauf ergingen Befehle an die Truppe, dass jeder Mann, welcher seinen Schützengraben verließ, unverzüglich zu erschießen sei. Bis im Dezember 1917 endgültig die Waffen an der Ostfront schwiegen, warteten nun weitere Monate schwerer Kämpfe auf die Soldaten.

Unser Bild zeigt deutsche und russische Soldaten nach der Unterzeichnung des Waffenstillstands zwischen Deutschland und Sowjet-Russland.

Ukrainische Soldaten mit gefangenen Rotarmisten, 1918

Quelle: SZ Photo

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Die Deutschen nutzten die Schwäche Russlands, um sich Anfang 1918 im Osten gewaltige Gebiete zu sichern. Nach einem "Hilferuf" der jungen ukrainischen Republik besetzten Truppen der Mittelmächte in wenigen Wochen die komplette Ukraine. Die Soldaten, welche an der "Operation Faustschlag" teilnahmen, fanden sich daraufhin in einem Land wieder, welches durch Bürgerkrieg und soziale Zerwürfnisse tief zerrissen war. Hass und rohe Gewalt zwischen den verfeindeten ethnischen und politischen Gruppierungen prägte in jenen Tagen das Bild der Ukraine:

"Im Bahnhofe werden einige gefangene Bolschewisten von den Ukrainern auf das schwerste misshandelt. Splitternackt ausgezogen werden sie mit Peitschen blutig geschlagen, um dann am Ende wie Hunde niedergeknallt zu werden."

Joseph Müller, Bayerisches 4. Chevauleger-Regiment

Unser Bild zeigt die Verhaftung bolschewistischer Kämpfer durch ukrainische Regierungstruppen in Kiew, März 1918.

Feldmarschall Böhm-Ermolli in Odessa, 1918

Quelle: SZ Photo

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Moderne Großstädte im Osten waren den deutschen Truppen allenfalls in der Form von Warschau bekannt, welches allerdings nur ein Bruchteil der Soldaten jemals zu Gesicht bekam. In der Ukraine änderte sich dies. Ob Kiew, Odessa (Bild), Mykolajiw oder Sewastopol: die ehemaligen Metropolen des Zarenreiches standen nun unter deutscher Besatzung. Viele Soldaten zeigten sich positiv überrascht und arrangierten sich schnell mit der neuen Situation:

"Also ich bin vorläufig noch in Sewastopol, und hoffentlich noch recht lange. Es gefällt mir ganz besonders hier. Durch eine Annonce in einer russischen Zeitung bin ich mit zwei russischen "besseren" Familien bekannt geworden, ich gebe den Töchtern deutsche, die Damen mir russische Stunden. Der bessere Mittelstand ist in einer Hinsicht sehr froh, dass wir da sind."

Willi Krause, Bayerisches 29. Jäger-Regiment

Ein deutscher Soldat beim Tee mit einer russischen Familie, 1918

Quelle: SZ Photo

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In der Heimat der Kosaken: Zu ihrem großen Erstaunen mussten die deutschen Soldaten nach Erreichen des Don-Gebietes feststellen, dass die Lebensweise der vermeintlich wilden Reiterkrieger nichts mit den gängigen Propagandabildern zu tun hatte. Die Kosaken stellten in ihren Heimatgebieten die soziale Oberschicht und entsprechend komfortabel gestalteten sich ihre Gutshöfe. Dass aus den ehemaligen Feinden nun Verbündete im Kampf gegen die Bolschewisten geworden waren, trug zusätzlich zum positiven Stimmungsbild bei:

"Auch sind die Kosaken im Allgemeinen viel reinlicher wie die Russen dortiger Gegend. Auch ihre Häuser und Dörfer sowie Kosaken-Städte boten meist ein anmutiges Bild. Die Kosaken galten stets als eine Elitetruppe des Zaren. Die Polen und Juden Russlands wissen viel von den Kosaken zu erzählen. Und wen eine Kosakenpeitsche trifft, dem fließt bestimmt das Blut am Körper herunter."

Kajetan Bernauer, Bayerisches 4. Chevauleger-Regiment

Deutscher Soldat mit ukrainischer Bevölkerung, 1918

Quelle: SZ Photo

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Auch wenn dieser Schnappschuss aus Charkiw etwas Gegenteiliges suggeriert: Außerhalb der Städte war das Verhältnis zwischen den deutschen Truppen und der ukrainischen Bevölkerung alles andere als herzlich. Der deutsche Vormarschplan sah von Anfang an vor, die Truppen größtenteils aus dem Land zu ernähren. Die anfängliche Freude über die Befreiung von den marodierenden bolschewistischen Truppen hielt daher nicht lange:

"Die zurückflutenden Bolschewisten plündern nur die reichen Gutsbesitzer. Der arme Mann bleibt von ihnen verschont. Die Bauern tragen fast allein die Last unseres Vormarsches. Brot, Hafer und Heu muss geliefert werden. Hinzu kommt noch die Einquartierung. Daher auch der Aufruf der Landbevölkerung: 'Bolschewik karascho! Germanski soldat nix karascho!' Der Bolschewiki wendet sich auf seinem Raubzuge nur an reiche Gutsbesitzer und Fabriken. Die Mehrzahl der Güter liegt in Schutt und Asche."

Joseph Müller, Bayerisches 4. Chevauleger-Regiment

Außerplanmäßiger Halt aufgrund von Sabotage, 1918

Quelle: SZ Photo

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Der Besatzung der Ukraine entwickelte sich so nach kurzer Zeit zu einem mörderischen Partisanenkrieg, welcher einen Vorgeschmack auf das gab, was die Deutschen zwei Jahrzehnte später in der Sowjetunion erwartete. Anschläge auf Nachschubzüge (Bild) und Überfälle auf deutsche Patrouillen gehörten zur Tagesordnung. Als "in Zivilkleidern steckende Räuberbanden" beschrieb ein bayerischer Kavallerist die Bolschewisten und mit dieser Ansicht stand er nicht alleine da. Nachdem in der Stadt Mykolajiw (russisch: Nikolajew) eine deutsche Vorausabteilung durch einem Hinterhalt fast aufgerieben wurde, erging am 26. März 1918 folgender Befehl an die bayerischen Truppen:

"Die Erfahrung in Nikolajew hat gezeigt, daß gegen die Einwohner nur rücksichtslose Strenge fruchtet. Jeder Mann, der mit der Waffe in der Hand angetroffen wird, ist ohne weiteres niederzuschießen. Verhaftungen mit nachfolgendem kriegsrechtlichen Verfahren werden nur als Schwäche ausgelegt."

Den wütenden und verbitterten Soldaten musste dies nicht zwei Mal gesagt werden, kaum ein Regiment machte bei dem anschließenden Einmarsch in die Krim Gefangene. "Mit den vertierten Unmenschen wurde nicht viel Federlesens gemacht", hieß es dazu unverholen rassistisch nach dem Krieg in der Geschichte des Bayerischen 1. Schwere-Reiter Regimentes.

Deutsche Soldaten auf dem Markt in Jalta, 1918

Quelle: SZ Photo

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Deutsche Infanteristen auf einem Tatarenmarkt auf der Krim. Wenn es nach einigen führenden Militärs gegangen wäre, allen voran General Ludendorff, wären diese Menschen nach dem Krieg zu deutschen Untertanen geworden. Nur die wenigsten deutschen Soldaten wussten von den Plänen zur Gründung des Staates "Krim-Taurien", in welchem die deutschsprachigen Siedler Südrusslands zusammengefasst werden sollten. Die Existenz großer Kolonistendörfer sorgte dennoch für großes Erstaunen innerhalb der Truppe, kaum ein Soldat welcher nicht über den herzlichen Empfang durch die deutschen Siedler berichtet hätte. So teilte der Divisionsschreiber Willi Krause im März 1918 aus Odessa seiner Frau mit:

"In den Häusern herrscht eine Ordnung und ein Wohlstand der für manche unserer Bauernhöfe, selbst für die großen, vorbildlich sein könnte. Es gibt in Bessarabien und in Südrussland verstreut so um die 200 ganz deutsche Bauerndörfer. Ein Bauernhof größer wie der andere. Im Dorf eine große Kirche. Die Kinder, Enkel und Urenkel sprechen ein ganz reines Deutsch, vermischen sich auch mit den Russen nicht."

Deutsche Soldaten im Kampf gegen russische Partisanen, 1941

Quelle: Süddeutsche Zeitung Photo

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Der Plan eines deutschen Satellitenstaates am Schwarzen Meer verpuffte letztendlich in Folge der Niederlage im Westen. Die Vorstellung eines Imperiums im Osten überlebte das Ende des Ersten Weltkrieges. In Deutschland forcierte ein Österreicher namens Adolf Hitler die Idee eines "Lebensraumes im Osten". 23 Jahre kehrten die Deutschen erneut zurück in die weiten Russlands - in einem gnadenlosen Vernichtungskrieg.

Im Bild: Wehrmachts-Soldaten haben 1941 ein Gehöft in Brand gesteckt, in dem sie Partisanen vermuteten.

© SZ.de/odg
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