Ostasien:360 Warnschüsse

Russian A-50 military aircraft flies near the disputed islands called Takeshima in Japan and Dokdo in South Korea

Eine russische A-50, aufgenommen am Dienstag von Japans Militär.

(Foto: Reuters)

Südkorea wirft Russland vor, dass ein Militärflugzeug zwei Mal seinen Luftraum verletzt habe. Moskau dementiert und lobt die gemeinsame Patrouille mit China.

Von Paul-Anton Krüger

Die südkoreanische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben 360 Warnschüssen abgefeuert, nachdem ein russisches Militärflugzeug zwei Mal den südkoreanischen Luftraum verletzt habe. Nach Ansicht der Regierung in Seoul handelt es sich um den ersten solchen Zwischenfall seit Ende des Koreakrieges 1953. Er ereignete sich über einer zwischen Südkorea und Japan umstrittenen Inselgruppe, die international neutral als Liancourt-Felsen bezeichnet wird. Südkorea kontrolliert sie seit 1953 und nennt sie Dokdo-Inseln, Japan erhebt ebenfalls Territorialansprüche und spricht von den Takeshima-Inseln. Die Regierung in Moskau bestritt, dass russische Bomber überhaupt den Luftraum Südkoreas verletzt hätten, äußerte sich aber nicht direkt zu der Maschine, die Südkorea verantwortlich macht.

Das Flugzeug vom Typ Berijew A-50, das wie die Awacs-Maschinen der Nato als fliegende Radar- und Kommandostation dient, sei zunächst in die Luftverteidigungszone eingeflogen und habe wenig später für etwa drei Minuten südkoreanisches Hoheitsgebiet verletzt, zitiert die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap einen Militärsprecher. Mehrere Kampfjets der Typen F-15 und F-16 hätten das russische Flugzeug abgefangen und 80 Warnschüsse abgegeben, nachdem die Piloten auf Funksprüche nicht reagiert hätten. Etwa 25 Minuten später sei die russische Maschine erneut für vier Minuten in den Luftraum eingedrungen. Diesmal hätten die Jets 280 Schüsse abgefeuert.

Die Vorfälle ereigneten sich im Zusammenhang mit der ersten gemeinsamen Langstreckenpatrouille der russischen und der chinesischen Luftwaffe in der Region. Beteiligt daran waren neben der Berijew zwei russische Langstreckenbomber vom Typ Tupolew Tu-95 und zwei chinesische Bomber vom Typ Xian H-6. Südkorea bestellte die Botschafter beider Länder ein - ein scharfer diplomatischer Protest.

Auch japanische Kampfflugzeuge sind wegen der Patrouille aufgestiegen

Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, die "gemeinsame Patrouille diente dem Ziel, die russisch-chinesischen Beziehungen, unsere allumfassende Partnerschaft und die Zusammenarbeit zwischen unseren Streitkräften zu vertiefen". Es sei die erste derartige gemeinsame Mission gewesen. Moskau beschuldigte Südkorea, "nicht zum ersten Mal" erfolglos versucht zu haben, russische Flugzeuge am Überfliegen "neutraler Gewässer im Japanischen Meer" zu hindern.

Tokio kritisierte Südkorea für sein Verhalten in einem Gebiet, das Japan als seinen Luftraum betrachtet. "Angesichts der Haltung Japans bezüglich der Souveränität über Takeshima" sei das Vorgehen der südkoreanischen Luftwaffe "völlig inakzeptabel und äußerst bedauerlich", sagte der Kabinettschef von Premier Shinzo Abe, Yoshihide Suga. Tokio protestierte zugleich in Moskau. Man habe beiden Ländern über getrennte diplomatische Wege zu verstehen gegeben, dass es nicht noch einmal einen solchen Zwischenfall geben dürfe. Auch japanische Kampfjets waren wegen der russisch-chinesischen Patrouille aufgestiegen, hieß es in Tokio.

Die Zusammenarbeit zwischen China und Russland dürfte sowohl Südkorea als auch Japan besorgen, die jeweils eng mit den USA verbündet sind - und auch Washington selbst. Die USA erkennen wie viele asiatische Staaten Territorialansprüche Pekings im Südchinesischen Meer nicht an und sehen China als strategischen Konkurrenten. Der Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, John Bolton, hielt sich am Dienstag zu Gesprächen in Tokio auf und wird an diesem Mittwoch in Seoul erwartet.

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