Oskar Lafontaine:Ende eines Rachefeldzuges

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Er hat die SPD verhöhnt, getreten und in Richtung Abgrund getrieben. Oskar Lafontaines Rückzug als Fraktionsvorsitzender der Linken eröffnet nun neue Chancen für Rot-Rot im Bund.

Thorsten Denkler, Berlin

Er ist das Feindobjekt der SPD, der Verräter, der Im-Stich-Lasser. Seit Oskar Lafontaine im März 1999 SPD-Parteivorsitz und Ministeramt hingeschmissen hat, ist er bei seinen ehemaligen Genossen schlicht unten durch.

Das Feindobjekt der SPD: Der Parteivorsitzende der Linken Oskar Lafontaine. (Foto: Foto: AP)

Als Chef der Linken hat er dann alles getan, die SPD klein zu machen. Er dürfte das Ergebnis vom 27. September mit Genugtuung zur Kenntnis genommen haben: 23 Prozent bei der Bundestagswahl für die einst so stolze Sozialdemokratie. Tiefer kann es eigentlich gar nicht gehen.

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Und jetzt geht Lafontaine - auf dem Höhepunkt seines zweifelhaften Erfolges. Er gibt den Fraktionsvorsitz im Bundestag ab, in Oppositionszeiten das Zentrum der Macht. Er will kürzertreten, heißt es, mehr im Saarland sein. Gesundheit und Alter seien die Gründe. Abgeordneter will er bleiben, Fraktionsvorsitzender im Saarland auch. Und Parteichef. Alles überschaubare Aufgaben.

Weg frei

Und er macht damit - gewollt oder nicht - den Weg frei für künftige Bündnisse von SPD und Linken auf Bundesebene.

Solange Lafontaine im Bundestag was zu sagen hat, so lange grenzt die Idee an Irrsinn, die Linke könne mit den SPD-Vorderen Frank-Walter Steinmeier und künftig Sigmar Gabriel irgendetwas Gemeinsames auf die Beine stellen. Lafontaine ist der lebende Stachel im Fleisch der SPD. Er hat sich in der Wunde gedreht und gesuhlt, hat sich immer tiefer hineingerammt. Lafontaine ist der größte aller denkbaren Hinderungsgründe für Rot-Rot.

Inhaltlich lässt sich inzwischen über vieles reden. Die Nato einfach abschaffen will auch die Linke nicht mehr. Aus einem "sofort raus aus Afghanistan" ist schon ein "möglichst schnell" geworden. Statt von "Hartz IV weg" sprechen manche in der Linken offen über "Hartz IV verändern". Das wollen viele in der SPD auch. Genug Bewegung also, um 2013 einen gemeinsamen Anlauf zu wagen.

Erreicht, was zu erreichen war

Nur Lafontaine stand dabei im Weg. Jetzt gibt er mit dem Fraktionsvorsitz seinen wichtigsten Posten ab. Nicht auszuschließen, dass er in ein, zwei Jahren auch vom Parteivorsitz lässt. Lafontaine ist 66. Er hat in seiner Rolle als SPD-Vernichter erreicht, was zu erreichen war. Sein Rachefeldzug scheint vorbei zu sein. Wer ihm am Wahlabend ins Gesicht gesehen hat, sah für einen Augenblick mehr Erschrecken über den Absturz der SPD, als Freude über den eigenen Wahlsieg.

Es wird nun an Gregor Gysi sein, die ersten Annäherungsversuche an die SPD zu wagen. Steinmeier und er sind keine Freunde, werden es auch nicht werden. Aber Gysi ist als Gesprächpartner in der SPD akzeptiert. Lafontaine nur bei solchen, die in der SPD ohnehin nichts mehr zu sagen haben.

Ein rot-rotes Projekt, jetzt ist es wahrscheinlicher geworden. Beide Seiten haben nun vier Jahre Zeit, es vorzubereiten. An Lafontaine wird es nicht mehr scheitern.

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