Herz-Kreislauf-StillstandFDP für Ausweitung der Todesdefinition für Organspenden

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Bisher muss der Hirntod festgestellt werden, bevor eine Organspende möglich ist.
Bisher muss der Hirntod festgestellt werden, bevor eine Organspende möglich ist. (Foto: Caroline SeidSeidel-Dißmannel/dpa)

Tausende Schwerkranke stehen auf Wartelisten für Spenderorgane. Die FDP möchte ihnen mit einer Reform helfen. Kritiker warnen vor einem erhöhten Risiko für Fehldiagnosen.

Die FDP im Bundestag will die Todesdefinition als Voraussetzung für eine Organspende erweitern. So soll künftig auch der Herz-Kreislauf-Stillstand Grundlage für eine vorher selbstbestimmte Entnahme von Organen sein – bisher musste zwingend der Hirntod nachgewiesen werden.

„Der Tod nach einem anhaltenden Kreislaufstillstand ist medizinisch mit dem Hirntod gleichzusetzen“, erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Andrew Ullmann, am Dienstag in Berlin. Es gebe „keinen Goldstandard bei der Erklärung des Todes“. Über den von ihm initiierten Antrag, über den die Welt vorab berichtete, soll am Dienstag die FDP-Bundestagsfraktion in Berlin abstimmen.

Potenzielle Spender sollen ihren Willen dann über ein explizit dafür vorgesehenes zusätzliches optionales Feld im Organspenderegister oder auf Organspendeausweisen festhalten können. Damit könnten die Spenderzahlen erhöht werden, sagte die FDP-Rechtspolitikerin Katrin Helling-Plahr der Welt. Zudem trage man „dem individuellen Selbstbestimmungsrecht auch im Zusammenhang mit dem eigenen Tod Rechnung“.

FDP-Gesundheitsexperte Ullmann erklärte zum Unterschied zwischen dem Tod nach einem anhaltenden Kreislaufstillstand und dem Hirntod, „dass der Herztod einfacher, aber dennoch sicher festzustellen ist“. Der Aufwand zur Feststellung des Hirntods sei immens hoch und schränke so die Zahl der potenziellen Spender von vornherein ein.

Tausende auf Wartelisten für Organspenden

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz wirft der FDP vor, mit dem Thema Hirntod auf Stimmenfang zu gehen. Dafür sei das Thema aber viel zu differenziert zu betrachten, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält von dem FDP-Vorschlag wenig. „Als Arzt und klarer Befürworter einer Widerspruchslösung halte ich doch den Hirntod für das sichere Verfahren für das Feststellen des Todes. Mit dem Hirntod sind Fehler ausgeschlossen. In Kombination mit der Widerspruchslösung würden wir viele Leben retten“, schrieb er auf X.

Mehr Organe wie Nieren, Lebern oder Herzen für schwer kranke Patienten werden seit Jahren dringend benötigt. Im vergangenen Jahr gaben 965 Menschen nach ihrem Tod ein Organ oder mehrere Organe für andere frei, wie die koordinierende Deutsche Stiftung Organtransplantation ermittelte. Zugleich standen aber 8400 Menschen auf Wartelisten. Damit Spenden überhaupt infrage kommen, müssen zwei Fachärzte unabhängig voneinander den Hirntod eines Verstorbenen feststellen.

Nur wenige Patienten erleiden auf der Intensivstation einen Hirntod, also den unumkehrbaren Ausfall der gesamten Hirnfunktionen. Die meisten sterben an Herz-Kreislauf-Versagen. In Ländern wie Großbritannien, Spanien, Niederlande, Belgien, Schweiz und USA sind Organspenden nach Herz-Kreislauf-Stillstand bereits erlaubt und führten zum Teil zu einem Anstieg der Organspenden.

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