Opposition zu Wulff-Nachfolge:Kein Name - außer Joachim Gauck

SPD und Grüne sind sich einig, dass der nächste Bundespräsident parteiübergreifend Anerkennung finden muss. Und dass er - im Prinzip - kein aktiver Politiker sein sollte. So einen zu finden ist nicht leicht, deshalb nennen die Parteispitzen keinen Namen. Außer einen.

Thorsten Denkler, Berlin

Es ist ein bisschen eng auf dem Podium im Willy-Brandt-Haus, der SPD-Zentrale in Kreuzberg. Zwei Rednerpulte stehen vor der quietsch-violetten Wand mit dem SPD-Logo. Jetzt aber drängeln sich jeweils zwei Rote und zwei Grüne hinter den beiden Pulten. Für die Grünen sollen Parteichef Cem Özdemir und Fraktionsvorsitzende Renate Künast sprechen und für die SPD Parteichef Sigmar Gabriel und der Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier. Wobei gesagt werden muss, dass Künast und Özdemir körperlich deutlich leichter hinter einem Pult zu vereinen sind.

Die vier also wollen auch was sagen zur Suche nach einem Nachfolger für den am Freitag zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff. Obwohl: Viel zu sagen haben sie gar nicht. Einen eigenen Kandidaten jedenfalls werden sie so schnell nicht präsentieren.

Einig sind sich alle vier darin, dass der Kandidat parteiübergreifend Anerkennung finden muss. Und dass er - im Prinzip - kein aktiver Politiker sein sollte. Wobei der Besitz eines Parteibuches kein Ausschlusskriterium sei.

Leichte Differenzen lassen sich da ausmachen, wo es um die Abgrenzung des Begriffs "aktiver Parteipolitiker" geht. Geht es nach Gabriel und Steinmeier wird der Begriff sehr eng gefasst. Selbst ein aktiver Bundestagsabgeordneter würde es da "zumindest schwieriger werden lassen" einen gemeinsamen Kandidaten zu finden, sagt Gabriel.

Jetzt finden aber die Grünen den Umstand gar nicht so unsympathisch, dass mit Katrin Göring-Eckardt eine von ihnen immer wieder mal genannt wird. Göring-Eckardt ist Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland und zugleich Vize-Präsidentin des deutschen Bundestags. Beides Ämter, in denen sie sich parteipolitisch eher bedeckt zu halten hat.

Gauck, sonst keiner

Die SPD dagegen setzt voll auf Joachim Gauck, den Kandidaten, den sie 2010 gemeinsam mit den Grünen gegen Wulff ins Rennen geschickt haben. Bei den Bürgern hoch anerkannt sei dessen Name und daher auch der "einzige Name, den wir hier nennen", erklärt Gabriel. Schon deshalb, weil seine Kandidatur erst zwei Jahre zurückliegt.

Wen Merkel einlädt

Die Grünen fänden Gauck auch gut. Nur weiß gerade keiner, ob auch Gauck noch einmal antreten will. Ihm gegenüber habe Gauck gesagt, dass er sich derzeit noch nicht "in einer Entscheidungssituation sehe", sagt Gabriel.

Was SPD und Grüne auch nicht wollen: einen Kandidaten vorgesetzt bekommen. Darum haben Unions-Fraktionschef Volker Kauder und die FDP von Steinmeier und Özdemir einen Rüffel bekommen, weil die dezidiert einen "schwarz-gelben Kandidaten" ins Rennen schicken wollen.

Kein Kandidat von rot-grünen Gnaden

Viel denken sollte sich dabei niemand. Kauder und auch FDP-Vize Birgit Homburger, die das beide in ähnlicher Form zum Ausdruck gebracht haben, wollen nur die Truppen zusammenhalten. In der Bundesversammlung sitzen ja auch viele Landtagsabgeordnete. So ganz leicht steuern lassen die sich nicht. Darum wirken Kauder und Homburger dem Anschein entgegen, der Kandidat könnte am Ende einer von rot-grünen Gnaden sein.

Darum geht es jetzt allen: Der mögliche Kandidat muss jeder Partei das Gefühl geben, er könnte auch ihr Kandidat sein. Eine fast unmögliche Aufgabe. Derzeit kommen dafür nur sehr wenige Personen in Betracht. Und selbst die haben keinen uneingeschränkten Rückhalt: Klaus Töpfer (den die FDP nicht will), sowie Joachim Gauck (der vor allem in der CDU viele Gegner hat, von der FDP aber gestützt werden würde). Norbert Lammert, den die SPD ohnehin nicht wollte, soll Merkel bereits abgesagt haben. Und mit Ex-Bischof Wolfgang Huber kann auch kaum ein Gefragter etwas anfangen.

An diesem Sonntag geht die Suche weiter. Dann will Merkel auch die Oppositionsparteien zum Gespräch dazuholen. Nur die Linken werden fehlen, was aber auch SPD und Grüne nicht für ein gravierendes Problem halten. Tenor: "Wen Merkel einlädt, ist ihre Sache" (Gabriel).

Nach allem, was über Merkels Verhandlungsgeschick gesagt wird, wird sie selbst keinen eigenen Namen ins Spiel bringen. Sie wird sich einfach anhören, was die anderen alle zu sagen haben. Und dann wird es einer von denen. Ihr Ziel ist ein Konsenskandidat, dem Koalition und Opposition zustimmen können. Wer das dann am Ende wird, ist da schon fast zweitrangig.

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