Libyens Opposition fasst Hoda Ben Amir:Gaddafis Henkerin droht Todesstrafe

Brutal, fanatisch, theatralisch - eine Frau ganz nach dem Geschmack Gaddafis: Hoda Ben Amir, genannt "die Henkerin" oder "der Vampir", hat mit mörderischem Einsatz für den Despoten gekämpft und ist so zur Hassfigur der Opposition geworden. Nach ihrer Festnahme droht ihr die Todesstrafe.

Tomas Avenarius

Hoda Bin Amir ist eine Frau nach dem Geschmack des Revolutionsführers: Um ihre Linientreue zum Regime von Libyens Ex-Staatschef Muammar al-Gaddafi zu beweisen, gab sich die fanatische Anhängerin des "Großen Bruders" bei Hinrichtungen von Oppositionellen als Henkerin her. Beim Volk ist sie seitdem bekannt als "Hoda, der Vampir" oder, treffender noch, als "Hoda, die Henkerin".

Hoda Ben Amir

Hoda Ben Amir: Die Oppositionellen in Libyen nennen sie "Hoda, der Vampir" oder "Hoda, die Henkerin".

(Foto: oH)

Gaddafi hatte der heute 57-Jährigen ihren mörderischen Einsatz und ihre Ergebenheit gedankt: Sie war zweimal Bürgermeisterin von Bengasi, Vorsitzende verschiedener Revolutionskomitees, verantwortlich unter anderem für "Kontrolle und Zensur". Jetzt ist Hoda Bin Amir von den siegreichen Aufständischen festgenommen worden: Auf "den Vampir" warten der Richter und möglicherweise die Todesstrafe.

In ganz Libyen hat keine andere Frau die Brutalität des Gaddafi-Staats so personifiziert wie Hoda Bin Amir. Öffentlich in Erscheinung trat sie in ihren Zwanzigern. 1984 ließ Gaddafi den Regimegegner Al-Sadik Hamid al-Schuwehdy auf einem Basketballplatz in Bengasi im Schnellverfahren aburteilen und sofort danach hängen; Fernsehkameras übertrugen Schauprozess und Exekution landesweit. Weil der Verurteilte am Strang nicht sofort starb, trat die junge Hoda aus dem ins Stadion gekarrten Publikum von Schülern und Studenten hervor. Sie hängte sich an seine Beine, zerrte den Sterbenden tiefer in die Schlinge.

Der "Bruder Führer", der das makabre Schauspiel im Fernsehen verfolgt hatte wie Millionen von Libyern, förderte seine Henkerin seitdem. Sie stieg zur Funktionärin in den berüchtigten "Ligan Thawriyya" auf, Gaddafis in den Städten und Dörfern spitzelnden Revolutionskomitees. Hoda Bin Amir wurde Bürgermeisterin der schon immer oppositionellen Hafenstadt Bengasi, lief mit der Pistole am Gürtel durch die Straßen.

2008 gab sie Befehl, auf eine kleine Gruppe von Demonstranten zu schießen, die am 17. Februar gegen die dänischen Mohammed-Karikaturen protestiert hatten. Das Datum des damaligen Massakers gab dem jetzigen Aufstand gegen das Regime seinen Namen: Die Gaddafi-Gegner in Bengasi, Misrata und Tripolis nennen sich zu Ehren der Opfer von 2008 "Koalition des 17. Februar".

Ihre Brutalität machte Hoda Bin Amir zu einer der reichsten Frauen Libyens

Hoda Bin Amir wurde in Al-Marg in der Nähe von Bengasi geboren und besuchte dort die Universität. Sie stammt aus ärmlichen Verhältnissen; ihr Vater war ein ebenso fanatischer Gaddafi-Anhänger wie die Tochter. Als der Machthaber 1973 in einem taktischen Schachzug vorgab, von seinem Posten zurücktreten zu wollen, setzte der Vater seinem Sohn öffentlich ein Messer an den Hals: Sollte der geliebte Revolutionsführer sein Amt tatsächlich niederlegen, werde er sein Kind töten.

Ihre Brutalität und Theatralik haben Hoda Bin Amir zu Einfluss und Reichtum im Gaddafi-Staat verholfen. Als Mitglied des obersten Führungszirkels soll sie es zu einer der reichsten Frauen Libyens gebracht haben. Auch in den sechs Monaten des Aufstands präsentierte sie sich als unerbittliche Vertreterin des Regimes an der Seite des Machthabers - eine Rolle, die sie bis zu ihrer Festnahme liebte.

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