Süddeutsche Zeitung

Open-Skies-Vereinbarung:Russland sieht keine Chance auf neues Abkommen

Die Regierung in Moskau reagiert kühl auf die Ankündigung der USA, das Open-Skies-Abkommen zu verlassen. Eine neue Vereinbarung zur Vertrauensbildung ist nicht in Sicht.

Sollten die USA ihre Ankündigung wahrmachen und aus dem Abkommen "Open Skies" über militärische Beobachtungsflüge aussteigen, sieht Russland keine Chance auf eine neue Vereinbarung. "Es gibt keine Perspektiven für ein neues Abkommen, um den Vertrag zu ersetzen", sagte Vize-Außenminister Sergej Rjabkow am Samstag im Staatsfernsehen. "Wir brauchen solche Perspektiven auch nicht." Der bisherige Vertrag funktioniere einwandfrei und gewährleiste die europäische Sicherheit, so Rjabkow. Selbst wenn Russland alle amerikanischen Forderungen erfüllen sollte, rechne er nicht damit, dass die USA an dem Vertrag festhalten werden.

Das Abkommen über den "Offenen Himmel" (Open Skies Treaty) erlaubt den zuletzt 34 Unterzeichnerstaaten unter anderem mehrere Beobachtungsflüge pro Jahr im Luftraum der Vertragspartner. Es wurde 1992 zwischen Nato-Staaten und ehemaligen Mitgliedern des Warschauer Pakts geschlossen und trat 2002 in Kraft. Seitdem gab es mehr als 1500 Beobachtungsflüge, die vor allem der Vertrauensbildung dienen. An allen Flügen nehmen sowohl Vertreter der beobachtenden als auch der beobachteten Staaten teil.

Die Regierung in Washington hatte am Donnerstag erklärt, dass sich die USA aus dem Vertrag zurückziehen. Als Grund gibt Washington Vertragsverletzungen Moskaus an. Deshalb seien auch die USA nicht mehr an den Vertrag gebunden.

Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, Robert O'Brien, sagte der Bild-Zeitung: "Die Russen verletzten den Vertrag systematisch, indem sie amerikanischen und verbündeten Flugzeugen Überflüge verweigerten." Zugleich habe Russland Überflüge genutzt, "um zivile Einrichtungen zu überfliegen, das Weiße Haus, Camp David und einen Golfplatz, auf dem sich auch der Präsident aufhält". Russland weist die Vorwürfe zurück.

Die Ankündigung der USA hat international Irritationen und Sorge ausgelöst. Bis zuletzt hatte die Bundesregierung mit ihren europäischen Partnern darum gekämpft, Trump von einer Kündigung des Vertrags abzubringen. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte am Donnerstag erklärt, man werde sich dafür einsetzen, "dass die US-Regierung ihre Entscheidung noch einmal überdenkt".

Kritik an Maas äußerte der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell. "Anstatt sich über die Reaktion der USA zu beklagen, hätte Heiko Maas in den letzten Jahren den Druck auf Russland erhöhen sollen, seinen Verpflichtungen nachzukommen", sagte Grenell der Rheinischen Post.

Kritik auch von der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses

Auch in den USA gab es Kritik an der Ausstiegsankündigung der Trump-Regierung. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, bemängelte am Freitag, der Rückzug aus dem Vertrag "untergräbt die Glaubwürdigkeit Amerikas in der Weltgemeinschaft weiter und macht Amerikaner weniger sicher". Der Schritt mache Amerika "blind" und ermutige Feinde der USA.

Die USA haben unter Trump bereits zahlreiche internationale Abkommen verlassen, darunter das Atomabkommen mit dem Iran, das Pariser Klima-Abkommen und den INF-Vertrag über das Verbot landgestützter atomarer Mittelstreckenwaffen. Letzterer war von den USA und der Sowjetunion geschlossen worden und für Europa der wichtigste Vertrag zur atomaren Abrüstung.

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