Süddeutsche Zeitung

Mittelmeer:Staatsanwaltschaft ordnet Anlanden von "Open Arms" an

  • Seit knapp drei Wochen harren zahlreiche Migranten auf dem spanischen Rettungsschiff Open Arms vor der italienischen Küste im Mittelmeer aus.
  • Nun hat die sizilianische Staatsanwaltschaft sowohl das Anlanden als auch die Beschlagnahme des Schiffs angeordnet.
  • Einige Migranten waren zuvor aus Verzweiflung ins Wasser gesprungen.

Nach dem verzweifelten Sprung mehrerer Migranten ins Meer hat die sizilianische Staatsanwaltschaft die Anlandung des Rettungsschiffs Open Arms in Italien angeordnet. Außerdem solle das Schiff beschlagnahmt werden, sagte Innenminister Matteo Salvini in einem Facebookvideo am Dienstag unter Berufung auf die Behörde von Agrigent. Zudem werde die Staatsanwaltschaft gegen unbekannt wegen Amtsmissbrauchs ermitteln - das könne nur er selbst sein, sagte Salvini.

Die 83 Migranten, die noch an Bord des Schiffes vor der Insel Lampedusa seien, sollten in Sicherheit gebracht werden, erklärte Staatsanwalt Luigi Patronaggio, nachdem er sich ein Bild von der Lage auf der Open Arms verschafft hatte.

Nach wochenlangem Tauziehen um einen sicheren Hafen für die Geflüchteten war an Bord die Lage außer Kontrolle geraten. Mehr als ein Dutzend Migranten sprangen am Dienstag ins Wasser und versuchten, die einige Hundert Meter entfernt liegende italienische Insel Lampedusa schwimmend zu erreichen. Die italienische Küstenwache barg sie aus den Fluten. Alle seien nach Lampedusa gebracht worden, schrieb die NGO Proactiva Open Arms. Bereits am Wochenende hatten sich mehrere Migranten ins Meer gestürzt, sie waren aber von Helfern zurück aufs Schiff gebracht worden. "18 Tage in einer Eisenkiste eingesperrt, Wasser und Lebensmittel rationiert ... Die Situation ähnelt der in einem libyschen Lager, aber in italienischen Hoheitsgewässern", twitterte Proactiva-Gründer Oscar Camps.

Das Schiff der spanischen Hilfsorganisation Proactiva Open Arms ist seit knapp drei Wochen auf dem Meer blockiert und liegt seit Tagen mit etwa 80 Geflüchteten vor der italienischen Insel Lampedusa. Eigentlich hatte die spanische Regierung am Dienstag nach tagelangem Hin und Her angekündigt, ein Marineschiff nach Lampedusa zu schicken. Die Audaz solle die Open Arms von dort bis nach Palma de Mallorca begleiten. Die Regierung in Madrid halte dies für die "angemessenste Lösung", hieß es. Allerdings dauert die Fahrt des Marineschiffs nach Italien etwa drei Tage.

Die Regierung in Madrid hatte dem Schiff am Montag den nächstgelegenen spanischen Hafen angeboten - jedoch sah sich die NGO nicht in der Lage, in der prekären Lage an Bord noch tagelang quer über das Mittelmeer zu fahren. Sie hatte darum gebeten, die Migranten nach Spanien zu fliegen.

Zeitweise befanden sich etwa 160 Migranten an Bord, jedoch waren mehrmals Menschen in prekärem Gesundheitszustand an Land nach Italien oder Malta gebracht worden. Auch durften zuletzt 27 unbegleitete Jugendliche in Lampedusa an Land gehen. Der rechte Politiker Salvini, der einen extrem harten Kurs in seiner Flüchtlingspolitik fährt, hatte dem aber nur aufgrund des Drucks von Ministerpräsident Giuseppe Conte zugestimmt.

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen meldete unterdessen den Untergang eines Flüchtlingsbootes vor der libyschen Küste. "Wir haben alle Gründe das Schlimmste zu fürchten - dass über Hundert Leben verloren wurden und niemand es je genau wissen wird", twitterte die Organisation.

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