Olympischer Fackellauf in Indien:15.000 Polizisten für eine Flamme

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Noch bevor die olympische Flamme durch die indische Hauptstadt getragen wird, haben Exiltibeter mit ihren Protesten begonnen. Rund 15.000 Polizisten sollen den Lauf schützen.

Schon vor Beginn des olympischen Fackellaufs in Neu-Delhi haben Exiltibeter in der indischen Hauptstadt mit ihren Protesten begonnen. Am Donnerstagvormittag starteten mehrere hundert Demonstranten zu einem "Friedenslauf" mit einer eigenen Fackel.

Das olympische Feuer erreicht in der Nacht zum Donnerstag die indische Hauptstadt Neu-Delhi. (Foto: Foto: dpa)

Der von buddhistischen Mönchen geleitete Zug begann am Mausoleum des gewaltlosen Kämpfers für Indiens Freiheit, Mahatma Gandhi, und führte durch das Zentrum der indischen Hauptstadt.

Die tibetische Exilregierung in Indien rief unterdessen zu gewaltlosen Protesten am Rande der Strecke des offiziellen Fackellaufs des Olympischen Komitees auf. Diese ebenfalls durch Neu Delhi führende Laufstrecke wurde angesichts erwarteter Proteste auf 2,3 Kilometer verkürzt. Dort sollte der Fackellauf ab 12.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit beginnen.

Der Präsident der Indischen Olympischen Vereinigung (IOA), Suresh Kalmadi, und der chinesische Botschafter in Indien, Zhang Yan, hatten die Fackel in der Nacht in Neu-Delhi in Empfang genommen. Kurz darauf wurden nach Polizeiangaben rund 50 Tibeter festgenommen, die in der Nähe des Flughafens und des Hotels, wo die Fackel aufbewahrt sein soll, gegen die chinesische Besetzung ihrer Heimat demonstrierten.

Schon am Mittwoch hatten Demonstranten erfolglos versucht, die chinesische Botschaft in Neu-Delhi zu stürmen. Rund 60 Exiltibeter waren festgenommen worden. Im vergangenen Monat waren Demonstranten in das Gelände der Botschaft eingedrungen.

Drastische Proteste sollen den Lauf begleiten

Doch das könnte erst der Anfang gewesen sein. Indische Medien berichteten, die Sicherheitskräfte erwarteten zum Fackellauf möglicherweise drastische Proteste wie Selbstverbrennungen von Tibetern. In Indien leben mehr als 100.000 Tibeter. Vorsorglich verkürzten die Behörden die Strecke in der indischen Hauptstadt von ursprünglich geplanten neun auf drei Kilometer.

70 Fackelträger sollen die olympische Flamme im Regierungsviertel nun über eine Distanz von weniger als drei Kilometern tragen. Rund 15.000 Polizisten sollen die Veranstaltung schützen. Zuletzt hatte es beim Fackellauf in London, Paris und San Francisco Ausschreitungen und Proteste gegen die Tibet-Politik Chinas gegeben.

Das Innenministerium verfügte am Mittwoch, dass alle Türen und Fenster von Gebäuden entlang der Strecke zwischen 13.00 Uhr und 18.00 Uhr (Ortszeit) geschlossen bleiben müssen. Exiltibeter kündigten für den Vormittag einen alternativen Fackellauf in Neu-Delhi an, um auf diese Art gegen Verletzungen der Menschenrechte in ihrer Heimat zu protestieren.

Absagen rund um die olympischen Fackelläufe

Indiens prominentester Sportler, Kricket-Legende Sachin Tendulkar, sagte unterdessen seine Teilnahme am Fackellauf in Neu-Delhi ab. Er habe seinen Rückzug mit gesundheitlichen Problemen und Terminschwierigkeiten begründet, sagte IOA-Präsident Kalmadi. Tendulkar ist der vierte indische Fackelläufer, der sich von der Veranstaltung zurückzieht. Nur einer davon, der Kapitän der Fußball-Nationalmannschaft, Bhaichung Bhutia, hatte allerdings offen seine Unterstützung für Tibet als Grund angegeben.

Auch erste Spnsoren ziehen Konsequenzen. Audi verzichtet nach Angaben aus Konzernkreisen auf eine geplante Werbeaktion mit seinem neuen Geländewagen am Mount Everest. An seinem Sponsoring hält der Konzern nach eigenen Angaben unverändert fest. Zu dem Verzicht auf die Werbeveranstaltung am Rande der Besteigung des höchsten Berges der Erde mit dem olympischen Feuer hieß es von Seiten informierter Kreise: "Wir wollen nicht noch Öl ins Feuer gießen."

Ein Sprecher des Autobauers aus dem bayerischen Ingolstadt erklärte allerdings, die Aktion sei bereits vor zwei Monaten "aus logistischen Gründen" nach Peking verlegt worden. Mit der aktuellen Entwicklung in Tibet habe dies nichts zu tun. Der tschechische Ministerpräsident Mirek Topolanek kündigte unterdessen an, nicht an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking teilzunehmen. Es sei aber nicht für einen Boykott durch die Athleten.

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Sponsoren kommen unter Druck

Mit einer internationalen Kampagne wollen Menschenrechtsgruppen Sponsoren der Olympischen Spiele in Peking zu einem stärkeren Einsatz für die Menschenrechte bewegen. Rund 30 Mitglieder von Amnesty International und Reporter ohne Grenzen erschienen am Mittwoch in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware zur Jahresversammlung der Aktionäre des Getränkekonzerns Coca Cola.

Sie forderten die Sponsoren auf, Druck auf das Internationale Olympische Komitee und China auszuüben, um die Menschenrechtslage zu verbessern. Mehrere der Aktivisten hatten ein zweiminütiges Rederecht, indem sie stellvertretend für andere Aktionäre sprachen.

Die Kampagne beginne mit Coca Cola, sagte Lucie Morillon von Reporter ohne Grenzen. "Aber wir werden auch zu den Aktionärsversammlungen von McDonald's, Adidas und anderen gehen", fügte sie hinzu.

Messner kritisiert Fackellauf auf den Mount Everest

Reinhold Messner hat die Absicht Chinas, die olympische Fackel auch auf den Mount Everest zu tragen, scharf kritisiert. "Das ist eine Farce", sagte der Bergsteiger der Frankfurter Rundschau (Donnerstag-Ausgabe). Die Chinesen hätten längst bewiesen, dass sie den Berg besteigen können.

"Die Flamme wird da oben sowieso nicht brennen, denn es gibt zu wenig Sauerstoff und zu viel Wind". China habe es sich "selbst eingebrockt, dass der Fackellauf zum Protestmarsch für Tibet" geworden sei, erklärte Messner, der die Proteste unterstützt. Es gehe nicht um die Abspaltung Tibets von China, aber "die tibetische Kultur ist ein wesentlicher Teil des menschlichen Erbes, sie darf nicht untergehen".

CNN bezeichnet Chinesen als Strolche

China hat Vertreter des US-Nachrichtensenders CNN in Peking einbestellt und einen formellen Protest wegen umstrittener Äußerungen eines Sprechers übergeben. Der Fernsehsender habe sich nicht angemessen für die "abscheulichen Bemerkungen" entschuldigt, wie das Außenministerium nach Angaben der China Daily vom Donnerstag erklärte.

CNN-Sprecher Jack Cafferty hatte die Chinesen als "im Grunde der selbe Haufen Rowdies und Strolche wie seit 50 Jahren" bezeichnet. Das Außenministerium forderte eine "aufrichtige Entschuldigung" und sprach von einer "bösartigen Attacke", die gegen journalistische Prinzipien verstoße.

In einer Stellungnahme hatte CNN zuvor erklärt, dass der Sprecher mit seiner Bemerkung die Regierung in Peking angegriffen und nicht das gesamte Volk Chinas gemeint habe. CNN entschuldigte sich bei denen, die den Satz als Beleidigung interpretiert hätten.

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