Süddeutsche Zeitung

G-20-Gipfel:Was sich Scholz von seiner Reise nach Asien erhofft

Der Bundeskanzler will vom G-20-Gipfel ein klares Signal gegen den russischen Angriff auf die Ukraine. Auf dem Weg dahin macht er Station in Singapur, das sich den westlichen Sanktionen angeschlossen hat - eine große Ausnahme in Südostasien.

Von Daniel Brössler, Singapur

Wenn sonst nichts bliebe von diesem kurzen Besuch, so zumindest Renanthera Olaf Scholz. Wie es in Singapur Brauch ist, wird eine Orchidee nach dem hochgestellten Gast benannt. "Ich bin nicht Politiker geworden, damit eine Pflanze nach mir benannt wird, um ehrlich zu sein, aber ich fühle mich trotzdem geehrt", sagt der Bundeskanzler dazu, der zwar nicht die rote Blume, aber doch ein Zertifikat mitnehmen darf auf seine Reise, die ihn weiterführt nach Bali zum G-20-Gipfel.

Dort dürfte es dann weit weniger harmonisch zugehen. "Vorsichtig zuversichtlich" äußert sich Scholz dennoch, dass der Gipfel "eine Meinungsbildung zustande bringt", die klarstelle, dass internationale Regeln eingehalten werden müssten und dass "Recht vor Macht" gehe. Der Optimismus wirkt mindestens gewagt, denn die G-20-Staaten sind tief gespalten in ihrer Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

"Russlands brutaler Krieg gegen die Ukraine mag geografisch weit weg sein, seine Konsequenzen - Hunger, Energieknappheit, Inflation - sind global. Dieser Krieg gefährdet unsere Friedensordnung und die Idee einer Welt, die auf gemeinsamen Regeln gebaut ist", sagt Scholz während seines Zwischenstopps in Singapur. Deshalb sei es so wichtig, "Putin nicht davonkommen zu lassen mit seinen imperialistischen Zielen". Seinen Gastgeber, Premierminister Lee Hsien Loong, muss Scholz davon nicht erst überzeugen. Singapur sei in seiner Verurteilung des russischen Angriffskrieges "klipp und klar", versichert dieser während einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Singapur hat sich den westlichen Sanktionen gegen Russland angeschlossen und bildet damit eine große Ausnahme in Südostasien, wo Russland nicht zuletzt als Waffenlieferant gefragt ist. In Vietnam, der ersten Station seiner Asienreise, bekam Scholz jedenfalls keine öffentliche Kritik an Russland zu hören. Die Unterstützung Singapurs zeige, "dass eine Partnerschaft, die auf Werten und Prinzipien fußt, keine leere Formel ist", lobt der Kanzler. "Was für Europa in Bezug auf die Ukraine gilt, gilt auch für Asien, Afrika oder Lateinamerika. Kein Land ist der Hinterhof eines anderen", sagt er. Im Kern ist das die Argumentation, die Scholz auch in Bali anbringen will.

Bedauerlich findet der Kanzler, dass Russlands Präsident Wladimir Putin nicht zum Gipfel kommt und sich von Außenminister Sergej Lawrow vertreten lässt. "Dann hätte er sich allerdings all den Fragen und all der Kritik aussetzen müssen, die von vielen Ländern der Welt formuliert worden ist. Vermutlich ist er deshalb nicht da", sagt Scholz. Der Kanzler hatte es als großen Erfolg verbucht, dass der chinesische Staatschef Xi Jinping sich während seines Antrittsbesuches in Peking seinen Mahnungen gegen russische Atomdrohungen im Ukraine-Krieg angeschlossen hatte. Vom G-20-Gipfel soll nun, so wünscht es sich der Kanzler, eine ähnliche Botschaft ausgehen. Zu optimistisch will er in dieser Hinsicht dann aber doch nicht klingen. "Das wird", sagt er, "noch ein harter Ritt."

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