Brandenburg:Rücktritt im letzten Moment

Lesezeit: 2 min

Britta Ernst auf dem Weg zur Pressekonferenz, Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) folgt ihr. (Foto: Michael Bahlo/dpa)

Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst hat ihr Amt aufgegeben. Sie hatte keinen Rückhalt mehr.

Von Jan Heidtmann, Berlin

Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst hat ihr Amt aufgegeben. Die Sozialdemokratin und Frau von Bundeskanzler Olaf Scholz begründete ihren Schritt damit, dass ihr der Rückhalt der SPD-Landtagsfraktion verloren gegangen sei. "Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir die anstehenden Herausforderungen nur mit maximaler Geschlossenheit bewältigen werden", erklärte Ernst ihren Schritt. "Diese Geschlossenheit ist nicht mehr gegeben."

Ernst war in den vergangenen Wochen von Schulen und Elternvertretungen massiv für ihre Pläne kritisiert worden, mit denen sie den erheblichen Lehrkräftemangel im Land ausgleichen wollte. Zuletzt war ihr auch Widerstand von den Abgeordneten der Koalitionspartner Grüne und CDU, vor allem aber aus der eigenen Fraktion entgegengeschlagen. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dankte Ernst. Sie habe das Amt in schweren Zeiten "mit Weitblick und ruhiger Hand" geführt. Nachfolger von Ernst soll ihr Staatssekretär Steffen Freiberg, 41, werden.

Rund 600 Lehrerstellen unbesetzt

In Brandenburg wird im Herbst 2024 ein neuer Landtag gewählt. Die CDU, jetzt noch Partner in der regierenden Kenia-Koalition, hatte bereits angekündigt, die Bildungspolitik zu einem Schwerpunkt des Wahlkampfes zu machen. "Um den Scherbenhaufen verfehlter Politik der letzten 30 Jahre aufzuräumen, bedarf es einer breiten und verlässlichen Unterstützung", kommentierte CDU-Fraktionschef Jan Redmann den Rücktritt der Ministerin. Ernst, 62, war seit 2017 Bildungsministerin in Brandenburg und arbeitete in zwei Kabinetten von Ministerpräsident Woidke. 2021, in der Hochphase der Corona-Epidemie war sie zudem Präsidentin der Kultusministerkonferenz.

Die Ministerin galt als umgänglich und kompetent, besonders der Ausbau der Kita-Versorgung wird ihr zugerechnet. Zugleich wurde Ernst aber für ihre Politik auch immer wieder heftig kritisiert. Zum Beispiel vom Landeselternrat, weil sie während der Corona-Pandemie zeitweise die Präsenzpflicht im Unterricht ausgesetzt hatte. Der jüngste Streit hatte sich an ihren Plänen entzündet, Lehrerstellen zwischen den Schulen des Landes umzuschichten.

Ihr Ministerium geht davon aus, dass in den kommenden Jahren trotz neuer Lehrerausbildungsgänge bis zu 600 Stellen nicht besetzt werden können. Um dies zu kompensieren, wollte Ernst Stellen in gut besetzten Schulen zugunsten von schwach besetzten Schulen streichen. Die Kritik daran erreichte zuletzt auch die SPD-Abgeordneten, die sich offen gegen ihre Ministerin stellten. "Die Pläne haben leider nicht die Unterstützung der SPD-Landtagsfraktion gefunden", erklärte Ernst.

Zweimal täglich die wichtigsten Nachrichten
:SZ am Morgen & Abend - Newsletter hier abonnieren

Morgens und abends an den Wochentagen die wichtigsten Nachrichten des Tages. Und am Samstagmorgen ausgewählte Geschichten und Kolumnen aus der Wochenend-Ausgabe. Hier können Sie unseren Newsletter abonnieren:

Die Ministerin hatte ihren Rücktritt am Montagmorgen zuerst ohne Angabe von Gründen erklärt. Das hatte für einiges Erstaunen gesorgt, vor allem, da Ernst auch die Ehefrau von Bundeskanzler Olaf Scholz ist. Das Paar hat sich bei den Jusos kennengelernt und ist seit 1998 verheiratet. Ihre Beziehung halten sie seitdem so weit wie möglich aus der Öffentlichkeit heraus, auch, da Ernst die klassische Rolle als "First Lady" ablehnt. "Ich habe nicht das Gefühl, dass Hamburg etwas fehlt, wenn wir uns nicht als Paar inszenieren", sagte Ernst 2011, nachdem ihr Mann zum Ersten Bürgermeister der Stadt gewählt worden war.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusKampf gegen den Lehrermangel
:Unser Lehrer Bachelor Specht

In Brandenburg sollen künftig Seiteneinsteiger ohne Masterabschluss unterrichten können. Gebot der Stunde? Oder Ausverkauf des Lehrberufs? Der Widerstand ist jedenfalls groß.

Von Paul Munzinger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: