Özdemir zur Armenier-Resolution:"Der Bundestag lässt sich nicht von einem Despoten erpressen"

Parteitag der rheinland-pfälzischen Grünen

Um die Resolution durchzubringen, riskiert Grünen-Chef Özdemir auch "Ärger mit Ankara".

(Foto: Thomas Frey/dpa)
  • Grünen-Chef Özdemir verteidigt die Pläne des Bundestags, den Völkermord an den Armeniern anzuerkennen.
  • Ähnlich sehen das die Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD, Volker Kauder und Thomas Oppermann.
  • Der Bundestag wird am 2. Juni über den Antrag von Union, SPD und Grünen beraten.

Trotz Protests aus der Türkei will der Bundestag die Vertreibung und Massentötung der Armenier im Osmanischen Reich als Völkermord einstufen. Am 2. Juni soll über den Antrag von Union, SPD und Grünen beraten werden, heißt es auf der Homepage des Parlaments. Mehrere Abgeordnete von Koalition und Opposition verteidigen die Pläne.

"Ich bin gegen einen devoten Umgang mit Erdoğan"

"Es kann schon sein, dass es Ärger mit Ankara gibt", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir in der Bild am Sonntag. "Aber der Bundestag lässt sich nicht von einem Despoten wie Herrn Erdoğan erpressen." Die Dokumente des Auswärtigen Amtes über die Massaker an den Armeniern seien eindeutig, sagte Özdemir. "Nach dem Beschluss des Bundestags wird es für die Türkei viel schwerer, den Völkermord noch länger zu leugnen."

Ähnlich sieht es SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, der vor einer falschen Rücksichtnahme gegenüber Ankara warnt. "Deutschland trägt als ehemaliger Hauptverbündeter des Osmanischen Reiches eine besondere historische Verantwortung. Das gilt völlig unabhängig von den tagespolitischen Diskussionen in der Flüchtlingskrise. Ich bin gegen einen devoten Umgang mit Erdoğan. Wir sollten hier keine falsche Rücksicht nehmen."

Volker Kauder betont, dass die Resolution zur Aussöhnung mit der Türkei beitragen könne. "Wir wollen an der Aufarbeitung mit dem Ziel mithelfen, das Trennende zwischen Armeniern und der Türkei zu überwinden", so der Unionsfraktionschef.

Kritik vom türkischen Botschafter

In einem offenen Brief an die Kanzlerin hatten sich vergangene Woche auch mehrere Kulturschaffende, darunter die Regisseure Fatih Akin und Christian Petzold, für eine Verabschiedung der Resolution eingesetzt.

Der Völkermord an den Armeniern jährt sich in diesem Jahr zum 101. Mal. Bereits im April wollte der Bundestag eine Resolution dazu verabschieden,vertagte die Entscheidung dann aber aufgrund der politischen Unstimmigkeiten mit der Türkei.

Der türkische Botschafter in Deutschland, Hüseyin Avni Karslioglu, hatte der Rheinischen Post in Frage gestellt, "wie der Bundestag mit einer Entschließung, in der diese Ereignisse als 'Völkermord' bezeichnet werden, zur Normalisierung der Beziehungen zwischen der Türkei und Armenien beitragen" könne. Bundestagspräsident Norbert Lammert hatte das Massaker an den Armeniern bereits im April vergangenen Jahres als Genozid bezeichnet.

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