Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat seine Idee für ein verpflichtendes Kennzeichen für Fleisch- und Tierprodukte vorgestellt. Zudem kündigte der Minister an, die Landwirte finanziell zu unterstützen, etwa bei Stallumbauten für bessere Haltungsbedingungen.
Die verpflichtende Kennzeichnung soll den Verbrauchern verlässliche Informationen über die Bedingungen geben, unter denen Tiere in Deutschland leben und dann geschlachtet werden. "Umfragen zeigen, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher bewusster einkaufen möchten. Sie wollen wissen, wie die Tiere gelebt haben, deren Fleisch sie an der Ladentheke kaufen", sagte Özdemir auf einer Pressekonferenz am Dienstag in Berlin.
Im Herbst und Winter soll der Entwurf in Bundesrat und Bundestag beraten werden. Bis alle Fleischsorten und tierischen Produkte das Kennzeichen bekommen, dauere es noch mehrere Jahre, sagte Özdemir. Für Schweinefleisch solle das Label bereits im Laufe des Jahres 2023 eingeführt werden.
Die Finanzierung könnte zu Streit in der Koalition führen
Das Kennzeichen sieht eine Unterteilung nach den fünf Haltungsformen "Stall", "Stall und Platz", "Frischluftstall", "Auslauf/Freiland" und "Bio" vor. Wie das Label aussehen wird und ob es sich von bereits gängigen Kennzeichen unterscheiden soll, ist noch unklar. Özdemir will die grafische Umsetzung des Tierhaltungskennzeichens mit dem Gesetzesentwurf im Herbst vorstellen.
Innerhalb der Ampelkoalition gebe es noch Klärungsbedarf, wie die Stallumbauten finanziert werden sollen, die mit dem Gesetz einhergehen. Der Koalitionsvertrag sieht dafür bis zum Jahr 2026 eine Milliarde Euro vor. Özdemir deutete allerdings an, dass das nicht reichen werde.
Die FDP hatte es zuvor abgelehnt, das neue Gesetz über einen höheren Mehrwertsteuersatz oder über eine Abgabe auf tierische Produkte zu finanzieren. Özdemir drängte am Dienstag darauf, sich auf ein Finanzierungsmodell zu einigen. Ein "Nein" zur finanziellen Hilfe für die Landwirte sei ein "Nein" zur Tierhaltung in Deutschland. "Ich will, dass auch morgen noch gutes Fleisch aus Deutschland auf unsere Tische kommt."
Verbraucherschützer: Kennzeichen nicht ausreichend
Kritik zu den Plänen von Özdemir kam bereits vor der Pressekonferenz von Umwelt- und Verbraucherschützern. Greenpeace-Experte Martin Hofstetter sagte der Funke-Mediengruppe: "Die Kriterien für das neue gesetzliche Tierhaltungskennzeichen reichen nicht aus, um das Tierwohl grundsätzlich zu verbessern." Auch die Organisation Foodwatch fordert strengere Kriterien, da in allen Haltungsformen viele Tiere unter Krankheiten litten.
Eine Kennzeichnung von Fleisch und Wurstprodukten ist schon seit Jahren ein viel diskutiertes Thema. In der vergangenen Legislaturperiode war Özdemirs Vorgängerin Julia Klöckner (CDU) mit ihrem Vorhaben gescheitert, ein freiwilliges Tierwohl-Logo einzuführen, das Auskunft über bessere Haltungsformen geben sollte.