Oettinger vor dem EU-Parlament:"Vor Dummheit kann man die Menschen nur eingeschränkt bewahren"

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Arbeitet sich ein in sein neues Ressort: Der designierte EU-Kommissar für Digitales, Günther Oettinger. (Foto: AFP)
  • Bei seiner Anhörung vor dem EU-Parlament stellt der designierte EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft, Günther Oettinger (CDU), seine Ideen für die kommende Amtszeit vor - und verweist auf die Grenzen der Politik beim Schutz der Bürger.
  • Oettinger kündigt eine "Aufholjagd" bei der digitalen Infrastruktur an.
  • Der bisherige EU-Energiekommissar Oettinger galt bislang nicht als Internetexperte. Vielleicht auch deshalb muss er sich den ironischen Fragen des Neu-Parlamentariers Martin Sonneborns stellen.

Wenig Verständnis für Nacktfoto-Probleme von Prominenten

Wie können Bürger im Internet besser geschützt werden? Auf diese Frage bei seiner Anhörung vor dem EU-Parlament verwies Günther Oettinger auch auf den gesunden Menschenverstand.

"Wenn jemand so blöd ist und als Promi ein Nacktfoto von sich selbst macht und ins Netz stellt, kann doch nicht von uns erwarten, dass wir ihn schützen. Vor Dummheit kann man die Menschen nur eingeschränkt bewahren", sagte der designierte EU-Kommissar für digitale Wirtschaft. In den USA waren vor Kurzem Nacktfotos von Prominenten aufgetaucht, deren Konten bei Online-Speicherdiensten wie der iCloud von Apple gehackt worden waren.

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Bisher war er Energiekommissar, jetzt soll Günther Oettinger in Brüssel das Digitale übernehmen - und muss bis zum Hearing des EU-Parlaments noch büffeln. Gefahr droht ihm wohl am ehesten von Satiriker Martin Sonneborn.

Von Cerstin Gammelin und Javier Cáceres

Oettinger will digitale Infrastruktur ausbauen

Bei seiner Befragung vor dem EU-Parlament am Montagabend hat Günther Oettinger (CDU) eine "Aufholjagd" bei der Internet-Infrastruktur angekündigt, sollte er als Digitalkommissar akzeptiert werden. Von dem durch den neuen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker angekündigten 300 Milliarden Euro schweren Investitionsprogramm soll nach Angaben Oettingers "ein signifikanter Teil" in den Ausbau der digitalen Infrastruktur fließen.

Zudem sollen kleine und mittlere Unternehmen, allen voran die sogenannten Start-ups, stärker gefördert werden. Zuvor hatte Oettinger bereits angekündigt, im kommenden Jahr die Beratungen über die Neuregelung zum Datenschutz in der EU abschließen zu wollen.

Zur Reformierung des Urheberrechts will Oettinger erst "in den nächsten Jahren" einen Vorschlag vorlegen. Er wolle sich bewusst in das Thema "hineintasten". Ziel müsse sein, im digitalen Zeitalter eine Balance zwischen den Rechten der Urheber und denen der Verbraucher zu finden, sagte der CDU-Politiker. Zugleich unterstrich Oettinger: "Wir müssen den Urheber ausreichend schützen, damit es morgen und übermorgen noch Urheber gibt."

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Ironische Fragen von Satiriker Sonneborn

Oettinger galt bisher nicht als Internetexperte, andererseits hatte er vor der Vergabe der Ressorts mit einem wichtigen Wirtschaftsposten etwa im Bereich Handel geliebäugelt. Vielleicht auch deshalb musste sich Oettinger bei der Befragung auch süffisanten Fragen stellen.

So wollte der frühere Chefredakteur des Satire-Magazins Titanic und Neu-Parlamentarier Martin Sonneborn (Die Partei) von Oettinger wissen, ob er sich auch "für das Recht auf Vergessen im Internet einsetzen" werde. Das sogenannte Recht auf Vergessen ist einer der Kernpunkte der europäischen Datenschutzreform, die Anfang 2012 von der EU-Kommission vorgeschlagen wurde und nun in den Beratungsrunden der EU-Staaten schon wieder zu veralten droht.

Bei Sonneborns Fragen ging es dann allerdings weniger um die digitale Welt als darum, frühere Fehltritte Oettingers in der realen Welt zu thematisieren. So spielte Sonneborn unter anderem auf umstrittene Äußerungen Oettingers zur Nazi-Vergangenheit des früheren Ministerpräsidenten Baden-Württembergs, Hans Filbinger, an und auf eine Autofahrt Oettingers unter Alkoholeinfluss. Sonneborn fragte, wie Oettinger verhindern wolle, dass diese Informationen "aus Versehen gelöscht werden".

Befragung der künftigen Minister vor dem EU-Parlament

Wie alle anderen designierten Kommissare musste sich Oettinger den Mitgliedern der zuständigen Ausschüsse im EU-Parlament stellen. Die Vergabe des Digitalressorts an den 60-jährigen früheren Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg war teilweise mit Überraschung aufgenommen worden. Als scheidender Energiekommissar vermittelt Oettinger derzeit noch in den schwierigen Gasverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine.

Vor Oettinger wurde die für das Ressort Handel vorgeschlagene Schwedin Cecilia Malmström befragt. Sie versprach vage, in den Verhandlungen über das umstrittene EU-US-Freihandelsabkommen (TTIP) die Konzerne an die Leine legen zu wollen. Das Parlament wird voraussichtlich am 22. Oktober abschließend darüber entscheiden, ob es Junckers Kommission in Gänze billigt.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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