Österreich:Zuckerl vor der Wahl

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In Wien wollen die Parlamentarier vor der vorgezogenen Neuwahl noch ein paar Beschlüsse fassen, um beim Wahlvolk zu punkten. Rentner dürfen sich freuen.

Von Peter Münch, Wien

Österreichs Parlamentarier sind in Torschluss-Hektik verfallen. In den letzten beiden Nationalratssitzungen vor der vorgezogenen Neuwahl am 29. September sollen mit wechselnden Mehrheiten noch schnell möglichst viele Beschlüsse gefasst werden, die das Ansehen der jeweiligen Parteien beim Wahlvolk heben. Weil dies jedoch oft weitreichende Folgen - vor allem finanzielle - hat, schickte der Finanzminister der Übergangsregierung pünktlich zur Parlamentssitzung am Mittwoch eine ernste Warnung an die Abgeordneten. Die von ihnen vorgesehenen sogenannten Wahlzuckerln, so rechnete Eduard Müller vor, dürften in der nächsten Legislaturperiode mit mehr als fünf Milliarden Euro zu Buche schlagen und könnten das angestrebte Nulldefizit gefährden.

Unter anderem haben sich ÖVP und FPÖ noch einmal zusammengetan, um die von ihnen noch vor dem Regierungsbruch vereinbarte erste Stufe der Steuerreform zu verabschieden, die Kleinverdiener entlasten und Unternehmern Erleichterungen bringen soll. Freuen dürfen sich kurz vor dem Wahltag auch die Pensionisten, bei denen vor allem die Bezieher geringer Pensionen eine kräftige Erhöhung bekommen. Auf Mehreinnahmen zielt dagegen das Vorhaben, mit einer fünfprozentigen Digitalsteuer auf Online-Werbeumsätze Firmen wie Facebook, Google oder Amazon zur Kasse zu bitten.

Zwei weitere politische Vorstöße dürften jedoch an fehlenden Mehrheiten scheitern: Die ÖVP dringt auf eine Änderung des Vereinsgesetzes, um die rechtsextremen Identitären verbieten zu können - und damit die FPÖ unter Druck zu setzen. Die Liste Jetzt, die gegen ihr prognostiziertes Ausscheiden aus dem Parlament ankämpft, will Sebastian Kurz eine Rückkehr ins Kanzleramt verbauen mit der aus dem Hut gezauberten Initiative, dass per Misstrauensantrag abgewählte Regierungsmitglieder nicht mehr in ihre Ämter zurückkehren dürften. Die Liste Jetzt hat auch mit einer dringlichen Anfrage an den Justizminister am Mittwoch das Thema Wahlkampfausgaben der ÖVP und den von der Volkspartei gemeldeten Hackerangriff auf die Parteizentrale auf die Tagesordnung gebracht.

© SZ vom 20.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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