Österreich:Zu Hause

"Ausgangsbeschränkungen" im ganzen Land: Kanzler Sebastian Kurz reagiert auf die grassierende Verbreitung der Viren. Von Montag an wird die Polizei die Einhaltung der Maßnahmen kontrollieren - und Geldstrafen aussprechen.

Von Peter Münch, Wien

Die Räume werden eng in Österreich, die Regierung hat am Sonntag für das ganze Land "Ausgangsbeschränkungen" erlassen. Grundsätzlich dürfe man nur noch aus drei Gründen das Haus verlassen, erklärte Kanzler Sebastian Kurz: für nicht aufschiebbare Arbeit, für notwendige Besorgungen und bei Hilfsdiensten für andere Menschen. Wer in nicht näher definierten anderen dringenden Fällen ins Freie möchte, darf das laut Kurz nur allein oder mit jenen Personen, mit denen er zusammenlebt. Zugleich gilt ein Versammlungsverbot, nirgends dürfen sich mehr als fünf Menschen auf einmal aufhalten. Sport- und Spielplätze werden gesperrt. Von diesem Montag an wird die Polizei die Einhaltung der Maßnahmen kontrollieren und gegebenenfalls Geldstrafen bis zu einer Höhe von 3600 Euro verhängen.

Begründet werden die drastischen Einschränkungen vom grünen Vizekanzler Werner Kogler mit einer "explodierenden Zunahme" der Infektionen mit dem Coronavirus. Demnächst, so warnte er, drohe das Erreichen der 100 000er-Grenze. Bis Sonntag wurden rund 800 Fälle in Österreich gemeldet. Zur Verstärkung im Sanitäts- und Pflegebereich wird der Zivildienst verlängert, und Zivildienstleistende aus den vergangenen fünf Jahren werden zusätzlich herangezogen. Auch beim Bundesheer wird die Ausmusterung gestoppt, zusätzliche Milizkräfte werden rekrutiert. In Wien wird auf dem Messegelände bereits eine große Halle mit 880 Betten als Notquartier hergerichtet. Hier sollen bei Bedarf Patienten mit milden Krankheitsverläufen untergebracht werden, um die Krankenhäuser zu entlasten.

Während die Bundesregierung nun Tag für Tag die Maßnahmen verschärft, wird Kritik laut am anfänglichen Krisenmanagement in Tirol. Dort gilt unter anderem eine Après-Ski-Bar in Ischgl als Ursprungsort einer mittlerweile weitreichenden Infektionskette. Im "Kitzloch", das an Skitagen meist prall gefüllt ist, war ein Barkeeper am 7. März positiv auf das Coronavirus getestet worden. Die zuständige Landesbehörde verbreitete daraufhin, dass eine Übertragung auf Gäste "aus medizinischer Sicht eher unwahrscheinlich" sei, ohne Symptome sei keine weitere Abklärung nötig. Erst am 10. März wurde die Bar geschlossen. Mittlerweile steht Ischgl unter Quarantäne. Zahlreiche Touristen haben das Virus jedoch von Tirol aus auch in ihre Heimatländer gebracht. Besonders stark betroffen sind davon Medienberichten zufolge Island, Norwegen, Schweden und Dänemark.

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