Süddeutsche Zeitung

Nationalratswahl:Was Sie über die Wahl in Österreich wissen sollten

Wie viele Österreicher sind wahlberechtigt? Inwiefern kommt der Kanzler anders als in Deutschland zu seinem Amt? Und welche kurios anmutenden Regelungen gab es in der Vergangenheit?

Von Oliver Das Gupta

Wie viele Menschen sind in Österreich wahlberechtigt?

Dem Innenministerium in Wien zufolge können 6 396 796 Menschen die Stimme abgeben, etwas mehr Frauen als Männer. Die meisten Wahlberechtigten - mehr als eine Million - leben in Niederösterreich, in Wien und Oberösterreich. Die wenigsten - jeweils unter 300 000 - im Burgenland und in Vorarlberg. Abstimmen können auch fast 62000 Österreicher, die im Ausland leben.

Wer darf wählen?

Seit 2007 sind alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ab einem Alter von 16 Jahren wahlberechtigt. Um gewählt zu werden muss man allerdings das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Wie viele Österreicher geben per Briefwahl ihre Stimmen ab?

So viele wie nie zuvor. Dem Innenministerium zufolge wurden 1 070 933 so genannte Wahlkarten beantragt und ausgegeben. Zum Vergleich: 2017, als das Parlament zuletzt gewählt wurde, waren es 20 Prozent weniger.

Wie kommt in Österreich der Bundeskanzler zu seinem Amt?

Bundeskanzler, Bundespräsident - manches in Österreichs Politik klingt für Deutsche vertraut, doch es gibt einige Unterschiede. In das Amt des Kanzlers etwa kann der Bundespräsident eine Person seines Vertrauens berufen - so geschehen im Mai, als Alexander Van der Bellen die Verfassungsrichterin Brigitte Bierlein zur Interims-Regierungschefin ernannte. In Deutschland hingegen wählt der Bundestag eine Kanzlerin oder einen Kanzler. Der österreichische Bundespräsident erteilt nach einer Wahl meistens dem führenden Kopf der stimmenstärksten Partei den Auftrag zur Regierungsbildung - aber nicht immer. Wolfgang Schüssel erreichte mit seiner ÖVP bei der Wahl 1999 nur Platz drei, am Ende wurde er dennoch zum Kanzler ernannt und regierte mit der FPÖ.

Wer steht zur Wahl?

In allen Bundesländern treten acht Parteien an. Neben den drei größeren Parteien, der konservativen ÖVP, der SPÖ und der radikal rechten FPÖ sind das die im bisherigen Nationalrat vertretenen liberalen Neos sowie die Liste Jetzt des Ex-Grünen Peter Pilz. Die Grünen hatten bei der Wahl 2017 nicht den Sprung über die Vier-Prozent-Hürde geschafft. In einzelnen Bundesländern treten weitere Kleinstparteien an, wie etwa die FPÖ-Abspaltung BZÖ in Kärnten oder die Bierpartei in der Hauptstadt Wien.

Wie wird gewählt?

Auf dem Stimmzettel stehen Wahllisten der Parteien, die die Wähler ankreuzen können. Je höher der Listenplatz eines Kandidaten, desto größer die Chance, dass er in den Nationalrat einzieht. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, drei "Vorzugsstimmen" zu vergeben, je eine für die Bundes-, Landes-, und Regionalparteiliste. So können Kandidaten trotz einer schlechteren Listenplatzierung ins Parlament einziehen, wenn sie besonders viele Vorzugsstimmen erhalten haben.

Für wie lange werden die Abgeordneten gewählt?

Die Legislaturperiode dauert regulär fünf Jahre. 2017 gab es vorzeitig Neuwahlen, so wie auch jetzt wieder.

Welche kurios anmutenden Regelungen gab es in der Vergangenheit?

Nach dem Ende der Monarchie 1918 durfte am Wahltag kein Alkohol ausgeschenkt werden, Alkoholkonsum war aber erlaubt. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg bestand ein solches Verbot, allerdings modifiziert. Bis zur Streichung der Regelung 1979 war es untersagt, alkoholische Getränke am Wahltag "bis eine Stunde nach dem Ende der örtlichen Wahlzeit" zu servieren. Verstöße wurden zuletzt mit bis zu 1000 Schilling geahndet (umgerechnet etwa 72 Euro). 1949 bestand in Vorarlberg und in Tirol überdies eine Wahlpflicht, später auch in der Steiermark und in Kärnten. 1992 wurde sie abgeschafft.

Mehr zur Wahl nach der Ibiza-Affäre im Österreich-Newsletter. Kostenlos anmelden unter sz.de/oesterreich-newsletter

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4620340
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Sz.de/hij
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.