Österreich-Kolumne:Unglaubliches Szenario

Lesezeit: 2 Min.

Schwangerschaftsabbrüche sind in Österreich seit 1975 durch die sogenannte Fristenlösung bis zum Ende des dritten Monats erlaubt. (Foto: zerocreatives/imago/Westend61)

Der letzte Arzt in Vorarlberg, der Schwangerschaftsabbrüche anbietet, will in Ruhestand gehen. Droht im Westen Österreichs bald eine ähnliche Situation wie in den USA?

Kolumne von Leila Al-Serori

Benedikt Johannes Hostenkamp ist 70 Jahre alt und will in den Ruhestand gehen. Das alleine wäre wohl keine Nachricht wert; aber Hostenkamp ist aktuell der einzige Arzt in Vorarlberg, der Abtreibungen vornimmt.

Damit könnte in Österreich ebenso bald Realität werden, was seit dem Supreme-Court-Urteil zu Roe v. Wade vielen Frauen in den USA bevorsteht: Sie können am eigenen Wohnort nicht mehr sicher abtreiben, sondern müssen dazu eine Reise in einen anderen Bundesstaat auf sich nehmen.

So schlimm wie vielerorts in den USA ist die Situation in Vorarlberg natürlich nicht: Schwangerschaftsabbrüche bleiben weiter durch die sogenannte Fristenlösung bis zum Ende des dritten Monats wie im Rest Österreichs seit 1975 erlaubt. Doch wenn es keinen Arzt mehr gibt, der schwangere Frauen betreut, hilft auch das passende Gesetz nichts: Denn Hostenkamp findet keinen Nachfolger für seine Praxis - und damit keine künftige Versorgung für die etwa 300 Frauen, die ihn jedes Jahr aufsuchen. Die ÖVP-geführte Landesregierung will ihn zwar bei der Nachfolgersuche unterstützen, Abtreibungen in den Landesklinken soll es jedoch weiter auf keinen Fall geben. In allen anderen Bundesländern ist das durchaus möglich, außer im Burgenland und in Tirol.

Umstrittene Aussage der Landesstatthalterin

Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink erklärte diese Entscheidung in einem Zeitungsinterview damit, dass die Landeskrankenhäuser dazu da seien, Leben zu retten. Dafür hagelte es Kritik: "Die ÖVP führt Vorarlberg damit in die späten 1970er Jahre zurück, als Frauen für diesen medizinischen Eingriff in die östlichen Bundesländer verreisen mussten", hieß es aus der SPÖ. "Einmal mehr lässt die sogenannte Volkspartei die Frauen damit im Stich." Schöbi-Fink sagte später, sie sei missverstanden worden. "Meine Aussage, dass Krankenhäuser dazu da sind, um Leben zu retten, in Zusammenhang mit den Abtreibungen ist mir so ausgelegt worden, als ob das Leben von Frauen mir nicht wichtig ist. Das weise ich natürlich zurück und da bin ich massiv missverstanden worden. Ich kann mit jeder Frau mitfühlen, die in dieser schwierigen Situation ist und die sich die Entscheidung sicher nicht leicht macht."

Aber wie auch immer ihre Aussage gemeint war: Wenn nicht bald eine Nachfolge für Hostenkamp gefunden wird und die Landeskrankenhäuser weiter keine medizinische Versorgung für ungewollt Schwangere anbieten dürfen, dann wird es bald auch keine von einem Mediziner begleiteten Schwangerschaftsabbrüche mehr geben. Und das wäre ein massiver Rückschritt.

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Erschwerend kommt hinzu, dass im nächsten Bundesland zu Vorarlberg, in Tirol, ebenfalls nur ein einziger Arzt im Land Abtreibungen anbietet. Fraglich, ob dieser einfach so alle betroffenen Vorarlbergerinnen mit betreuen kann. Und was ist, wenn auch dieser Arzt einmal in Ruhestand geht? Dann wäre im ganzen Westen Österreichs kein ärztlich betreuter Schwangerschaftsabbruch mehr möglich. Ein unfassbares Szenario? Ja, das ist es. Und zwar eines, das wir als emanzipierte Gesellschaft nicht hinnehmen dürfen.

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