Österreich:Hoppla, die Klimakrise gibt's ja echt!

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Ausgerechnet in den Weihnachtsferien fehlte in vielen Skigebieten wie hier in Filzmoos die Grundlage für echtes Wintergefühl. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Die Schneegrenze stieg in Österreich zuletzt auf rekordverdächtige Höhen. Und das in der so wichtigen Hauptsaison für den Tourismus. Wie geht das Land damit um?

Von Dominik Prantl

Die Winter, so sagen zumindest gern jene Menschen, die noch die in vielerlei Hinsicht kalten Achtziger erlebt haben, sollen neuerdings ja immer seltener das sein, was sie schon früher nicht oft waren. Da ich das große Privileg habe, aus meinem Bürofenster in die Berge zu blicken ­- zum Beispiel auf die geradezu matterhorneske Serles mit ihren 2718 Metern oder die Axamer Lizum, wo die kürzlich verstorbene Rosi Mittermaier zur Gold-Rosi aufstieg - weiß ich zumindest meist ziemlich genau, wo sich die Schneegrenze befindet. Und ob es überhaupt eine gibt.

Diese Schneegrenze ist vielen Menschen in Österreich, zumal im Westen der Republik, als persönlicher Klimakrisenindikator oft wichtiger als beispielsweise Berichte des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) oder der regionaleren Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, die sich in unserer nicht nur geowissenschaftlich dynamischen Welt zum 1. Januar mit der Geologischen Bundesanstalt zur Geosphere Austria zusammengeschlossen hat. Sollen die Wissenschaftler doch von Erderwärmung quatschen solange sie wollen: Wirklich geglaubt wird ihnen erst, wenn es einem so direkt vor Augen geführt wird wie bei einem Gletscherabbruch, bei Sturzfluten oder eben einem frühlingshaften Jahreswechsel.

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In der ersten Januarhälfte stieg die Schneegrenze an den Bergen vor meinem Fenster jedenfalls wie die Quecksilbersäulen auf rekordverdächtige Höhen. Überall im Land zogen sich weiße Streifen auch weit oberhalb von 1000 Metern durch die sonst braunen Hänge; die Meldungen über ungewöhnlich viele schwere Skiunfälle dominierten die Medien. Schon berichten Satiremagazine, wie Aktivisten der "Letzten Generation Tirol" mit nur einer Person die nur zwei Meter breiten Kunstschneebänder lahmlegen, wobei man sich auf Anhieb tatsächlich nicht sicher ist, ob das nur ein Gag ist oder schlicht die Realität. Schließlich beschäftigen sich neuerdings Touristiker ernsthaft mit dem Gedanken, künftig im Winter verstärkt auf das Mountainbike zu setzen. Als würde gerade die Erkenntnis durchsickern: Hoppla, die Klimakrise gibt's ja echt!

Abgesehen davon, dass die Lösung womöglich wirklich in mehr Radfahren steckt, kriselt der in Österreich für Wohlbefinden und Selbstvertrauen so wichtige Skisport und -tourismus ohnehin mal wieder flächendeckend. Der oft missverständliche und gelegentlich sogar missverstandene ÖVP-Tourismussprecher Franz Hörl verwunderte Österreich deshalb mit dem Vorschlag einer pistenprotektionistischen Maßnahme: Für die Bewerbung besonders umweltschädlicher Urlaubsformen wie Flugreisen oder Kreuzfahrten solle es eine Sondersteuer geben oder gleich ein Verbot. Der emeritierte Skiverbandspräsident Peter Schröcksnadel legte derweil Skiverbandsfinanzchef Patrick Ortlieb einen Rücktritt nahe, da dieser in der Küche seines Hotels aushelfen musste. "Wie soll so jemand, der den eigenen Betrieb nicht im Griff hat, den Verband führen", ätzte Schröcksnadel.

Inzwischen ist die Schneegrenze gesunken, und für die nächsten Tage ist noch mehr Schneefall angesagt. Womöglich wird der auch so manches Gemüt kühlen. Zumindest bis zur nächsten Schneekrise.

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