Österreich:Debatte über Overtourism und Lufthunderter

Lesezeit: 3 Min.

Hallstatt in Oberösterreich zieht seit Jahren die Besuchermassen an. (Foto: BARBARA GINDL/AFP)

Wie mit Massentourismus und Tempolimits auf Autobahnen in Österreich umgehen? Leserinnen und Leser berichten von ihren Erfahrungen - und haben den einen oder anderen Lösungsvorschlag.

"Anti-Selfie-Zaun und Pinkelmillion" vom 15. September 2023

Tourismusabgabe wäre sinnvoll

Ich war vor einigen Jahren mit meiner Tochter in Hallstatt - nie wieder! Nach Salzburg fahre ich schon lange nicht mehr wegen der vielen Touristen; immerhin ist dann dort eine Person weniger. Eine Tourismusabgabe wäre vielleicht sinnvoll. Allerdings fünf Euro (wie in Venedig geplant) werden keine Touristen abhalten. Vielleicht eine Begrenzung mittels Zeitfenster wie im Museum? Ulrike Mauerhofer, Karlsruhe und Wien

Anziehen beim Preis

Nach etlichen Jahrzehnten Reise- bzw. Tourismus-Erfahrungen stelle ich mir vor, dass einer der wenigen erfolgversprechenden Wege zur Beschränkung der Touristenmassen nicht verzweifelte Versuche von Verboten, sondern ein langsames Anziehen der Daumenschraube "Preis" darstellt. Wenn Reisen (vor allem jeder Tages- und Kurzzeit-Tourismus) zum Beispiel durch Kurtaxen (= Einnahmen für die betroffenen Gemeinden), Eintrittsgebühren, Transportkosten (Seilbahnen etc.) immer teurer wird, kommen zunächst die belasteten Anwohner über die vermehrten Einnahmen, aber auch das Tourismusgewerbe auf ihre Kosten, bis die Begrenzungen (hoffentlich in absehbarer Zeit) Wirkung zeigen und die viel zu hohen Zahlen der Besucher zurückgehen. Jedenfalls sollten alle eintrittspflichtigen Sehenswürdigkeiten die bestehenden Möglichkeiten nutzen, Besucherzahlen zu begrenzen: vielerorts nur online mögliche Buchung, Restkarten vor Ort. Die lokale Politik darf nicht durch die Tourismus-Gewinner allein bzw. überwiegend bestimmt werden. Die beiden Fraktionen, Tourismusgewinner und Overtourism-Gequälte, müssen an den Entscheidungen beteiligt werden, individuelle Gewinne auf Kosten der Allgemeinheit sind finanziell (über Steuern etc.) abzuschöpfen. Joerg L. Neumann, Graz

Taube Ohren

Was ich als Tiroler dazu sage? Schon lange nichts mehr! Grund: Bei den Tourismusverantwortlichen stößt man auf taube Ohren, bei den Touristen selbst bekommt man zwar von manchen Zustimmung, es ändert sich aber trotzdem nichts, da statt jener, die doch vielleicht länger bleiben wollen, dies vom Tourismus fast verunmöglicht wird, da nur mehr Drei-Tage-, maximal Sieben-Tage-Angebote ausgeschrieben werden. Man muss ja auch auf die Ferientermine, die Schultermine whatever achten, ist zu hören. Warum es, als ich noch jung war, nur Sieben- oder 14-Tage-Buchungen gab, kann mir keiner der Herrschaften erklären. Gerhard Frötscher, Nauders

Nur Politik kann lenkend eingreifen

Was man gegen den anscheinend zunehmenden Massentourismus unternehmen kann? Nichts, fürchte ich. Solange der Individualtourismus, bestärkt durch die Anreise per Kfz, nicht politisch gewollt begrenzt wird, wird sich nie etwas ändern, da der Mensch an sich egoistisch, rücksichtslos und (auch durch die vorherrschende Religion seit zu vielen Jahrhunderten geformt: "gehet hin und machet die Erde euch untertan!") arrogant sein "Recht" auf freie Entfaltung seiner Freizeit umsetzt und immer umsetzen wird. Lenkend könnte man beispielsweise eine Regulierung einführen, die sich an den Ziffern der Nummernschilder orientierte: an geraden Tagen nur die Kfz mit geraden Nummern und umgekehrt. Dafür benötigte es aber die Einsicht aller, dass der derzeitige Zustand nicht zu halten ist und sich etwas ändern MUSS. Dies einzufordern ist unmöglicher, als ein Kamel durch ein Nadelöhr zu treiben! (siehe hierzu Klimawandel und die entsprechenden Für- und Gegen-Aktionen jedweder Vorhaben). Richard Staffl, München

Touristen mit dem vielen Geld

Ich komme selbst aus dem inneren Ötztal, wuchs auf, bevor der Massentourismus begann. Danach kamen die Touristen in Scharen mit dem vielen Geld. Von den Menschen in den Alpen, ihrem Leben, der Kultur, wussten und wissen die meisten jetzt noch nichts. Und so ist es überall, wo es Massentourismus gibt. Vielleicht ein absurder Vorschlag für Hallstatt: Alle Tagestouristen eine Stunde über die Geschichte von Hallstatt informieren, bevor sie reindürfen, Handys abgeben, wer möchte, kaufe sich einen Bildband von Hallstatt. Übernachtungen von mindestens drei Tagen buchen, dann natürlich mit Handy. Das würde dem absurden Social-Media-Tourismus hinderlich sein. Renate Reck, Tübingen

"Heiße Luft" vom 15. September 2023

Autoraserland Deutschland

Auf der Inntalautobahn in Österreich fährt man entspannt Auto. Aber wehe, wenn der Grenzübergang Kiefersfelden passiert ist. Dann geht der Wahnsinn wieder los. Wann kommt endlich das für alle - besonders die Natur - sinnvolle Tempolimit im Autoraserland Deutschland. Unsere Kinder werden's uns danken. Hubert Timmermann, Schliersee

Verträglichkeit mit Nachhaltigkeitszielen

Der gesetzliche Maßstab für die Fahrgeschwindigkeit auf Autobahnen muss die hundertprozentige Verträglichkeit mit wissenschaftlich begründeten Nachhaltigkeitszielen sein. Und hierfür könnte etwa in ökologischer Hinsicht gelten: eine Geschwindigkeit, bei der nur so viele Ressourcen verbraucht, wie - vom Fahrzeug oder im Kontext des Fahrzeuglebenszyklus - erzeugt werden, und nur so viele Schadstoffe emittiert, wie von der Natur oder technischen Einrichtungen im Kontext des Fahrzeuglebenszyklus absorbiert werden. Und in sozialer Hinsicht etwa eine Geschwindigkeit, die zu keiner einzigen körperlichen Verletzung und zu keinem einzigen Verkehrstoten führt. "Zeitverlust" kann demgegenüber kein Argument sein, und zwar zum einen, weil keine Charta menschlichen Zusammenlebens der Erde den Menschen so etwas wie "Zeitersparnis" als Recht zugesteht, und zum anderen, weil das "Verlieren" oder "Sparen" von Zeit ein Konzept der Wachstumsideologie ist — in einer Kreislaufwirtschaft spielt es keine Rolle. Peter Kuhn, Bayreuth

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