Österreich:Wer die Wahl hat

Österreich: Rund 1,4 Millionen in Österreich lebende Ausländer dürfen nicht wählen, zum Beispiel bei der Bundespräsidentenwahl am 9. Oktober.

Rund 1,4 Millionen in Österreich lebende Ausländer dürfen nicht wählen, zum Beispiel bei der Bundespräsidentenwahl am 9. Oktober.

(Foto: IMAGO/Manngold)

Nicht nur in Italien wird an diesem Sonntag gewählt, sondern auch in Tirol. Aber viele Menschen, die in Österreich leben, dürfen nicht wählen. Warum sich das ändern sollte.

Kolumne von Dominik Prantl

Ich gehe wirklich gerne wählen. Ich tue das schon alleine deshalb, weil man meines Erachtens durch das Nicht-Wählen das unschätzbare Recht verwirkt, an den Entscheidungsträgern (vulgo: Politikerinnen und Politiker) und ihren Entscheidungen herumzunörgeln. Denn Kreuzchen verweigern und über Politiker motzen ist ein wenig wie den Sport einstellen, dann aber der Liebsten was über den gemeinen Bierbauch vorjammern.

Insofern schmerzt es mich doppelt, dass ich als Nicht-Österreicher mit Wohnsitz in Innsbruck am Sonntag ebenso wenig an der Tiroler Landtagswahl teilnehmen darf wie bei der Wahl zum Bundespräsidenten zwei Wochen darauf. So geht es nicht nur mir. Rund 1,4 Millionen in Österreich lebende Ausländer und damit mehr als jeder sechste Bürger, nein: Einwohner Österreichs über 16 ist wegen der falschen Staatszugehörigkeit von der Präsidentenwahl ausgeschlossen. Dies zeigen von der APA ausgewertete Daten der Statistik Austria. Vor 20 Jahren waren es demnach nur 580 000 Personen. (Vor knapp 150 Jahren bestimmten ein paar Tausend Großgrundbesitzer fast ein Viertel der Abgeordneten im Unterhaus des Reichsrates, und das Frauenwahlrecht trat 1918 in Kraft. Dies nur am Rande, um die Flüchtigkeit des Wahlrechts zu zeigen).

Bei der Landtagswahl ist der Stimmverzicht besonders schade

Als überzeugter Europäer halte ich es jedenfalls für zumindest diskussionswürdig, warum Menschen, die in Österreich Steuern zahlen, hier mit ihrer Familie leben und Klimaboni kassieren, nur bei wenigen Wahlen (z.B. auf kommunaler Ebene) mitentscheiden dürfen, was mit diesen Steuern passiert und welche Weichen für die Familie gestellt werden; und warum diese Menschen dagegen qua Herkunft in Bayern, Südtirol oder Tschechien eine Stimme haben. Nur punktuell forderten Politiker, unter anderen von den Neos, bislang eine Ausweitung des Wahlrechts. Das heißt nicht zwingend, dass ich die Liberalen wählen würde, so ich denn könnte. Dennoch macht es die Neos deutlich sympathischer als etwa die FPÖ, die generell den Eindruck hinterlässt, es sollten im Grunde doch bitte nur FPÖ-Wähler wählen dürfen, wenn schon der wahrlich unglaubliche FPÖ-Chef Herbert Kickl in naher Zukunft weder Kaiser noch Bundespräsident werden darf.

Bei der am Sonntag stattfindenden Tiroler Landtagswahl ist ein Stimmenverzicht jedenfalls besonders schade. Denn selbst Tirol, wo die ÖVP bis 2008, von einer kurzen Ausnahme (1999 - 2003) abgesehen, die absolute Mandatsmehrheit hielt, europäisiert sich in Sachen Parteienlandschaft so langsam: mit einer stetig erodierenden Mitte und - wegen der krassen Verluste des einstigen schwarzen Alleinherrschers von bis zu 15 Prozentpunkten - möglicherweise ganz neuen, bunten Koalitionen. Ich persönlich glaube zwar, dass die Einbußen der Volkspartei niedriger ausfallen als prognostiziert. Aber dennoch habe ich das Gefühl, dass die eigene Stimme bei der Landtagswahl dieses Mal weit mehr zählt als zu Zeiten von Landeshauptmann Eduard Wallnöfer, der regelmäßig mehr als 60 Prozent erzielte.

Vielleicht muss ich einfach noch ein paar Jahre in Tirol absitzen, um eine andere Lösung für den Wahlgang zu finden: Österreicher werden.

PS: Wie stehen Sie zum Thema Wahlrecht für Menschen in Österreich ohne Staatsbürgerschaft? Schreiben Sie uns Ihre Meinung an oesterreich@sz.de

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