Süddeutsche Zeitung

Österreich:Ermittlungen gegen Ex-FPÖ-Chef Strache eingestellt

Die Staatsanwaltschaft sieht keine Beweise für illegale Parteienfinanzierung. Andere Ermittlungsverfahren laufen dagegen weiter.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Die Ermittlungen der Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu verdeckten Parteispenden an die FPÖ über parteinahe Vereine sind eingestellt worden. Das hat die Staatsanwaltschaft am Montagabend mitgeteilt.

Ermittelt worden war unter anderem gegen den ehemaligen FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Strache, Ex-FPÖ-Fraktionschef Johann Gudenus und den früheren Abgeordneten Markus Tschank, der im Vorstand der Vereine gesessen hatte.

Strache hatte 2017, bevor er Vizekanzler in einer türkis-blauen Koalition wurde, in einem von Süddeutscher Zeitung und Spiegel 2019 in Teilen veröffentlichen Video auf Ibiza im Gespräch mit einer vermeintlichen Oligarchen-Nichte angegeben, es gebe geheime Vereine, die "nichts mit der Partei zu tun haben". Wer an diese spende, könne die nach dem Parteiengesetz verpflichtenden Meldungen umgehen. "Wenn man nämlich an eine Partei spendet, geht das an den Rechnungshof, und das will keiner." Er gab an, mehrere große Unternehmen hätten diesen Weg bereits gewählt, weil sie keine offiziellen Spenden hätten tätigen wollen.

Ein Sprecher der WKStA gab gegenüber der SZ an, man habe die Vereinsstrukturen auf die im Ibiza-Video erwähnten Parteispenden hin geprüft und "keine Zahlungen, die strafrechtlich relevant sind", gefunden. Man habe dabei nicht unter der Prämisse des Korruptionsstrafrechts, sondern nur der Untreue ermitteln können; dieser Verdacht sei nicht bewiesen worden. Es gebe, so die Staatsanwaltschaft, daher "keinen Grund zur weiteren Verfolgung".

Im Fokus der Ermittler hatten insgesamt 13 Vereine, insbesondere vier FPÖ-nahe Vereine gestanden. Die FPÖ hatte die Vorwürfe dementiert. Es sei "nie Geld aus Vereinen" an die Partei geflossen. Strache gab an, seine Berichte über große Spender und die Umgehung des Gesetzes seien "Prahlerei" gewesen, um die vermeintliche Oligarchen-Nichte zu beeindrucken. Der Politiker, der zur Wahl in Wien antritt, sah sich bestätigt, dass er mit "haltlosen Vorwürfen" konfrontiert gewesen sei.

Der sogenannte Ibiza-Untersuchungsausschuss im österreichischen Parlament, der die "mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung" zum Thema hat, will sich dennoch weiter mit der Causa befassen. Stephanie Krisper (Neos) verlangte die Veröffentlichung der Einstellungsbegründung. Auch die SPÖ will weiter forschen. Man dürfe die strafrechtliche und die politische Ebene nicht vermischen, so Vizefraktionschef Jörg Leichtfried.

Gleichzeitig laufen mehrere andere Ermittlungsverfahren weiter, in denen Strache und Gudenus sowie weitere Ex-FPÖ-Politiker als Beschuldigte gelten. So untersucht die WKStA unter anderem die Besetzung eines Vorstandspostens bei der Casinos Austria AG, die Teil eines Deals der FPÖ mit der Casinos-Mutter Novomatic gewesen sein soll. Die Ermittler prüfen, ob es eine Vereinbarung zwischen ÖVP und FPÖ gegeben hat, ein Vorstandsmitglied im Unternehmen im Gegenzug für Entgegenkommen bei Glücksspielgesetzen zu platzieren.

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Quelle:
SZ vom 23.09.2020
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