Österreich:Eine Partei im Matsch

Österreich: Nach dem Parteitag am 3. Juni soll feststehen, wer künftig in der SPÖ-Parteizentrale das Sagen haben wird.

Nach dem Parteitag am 3. Juni soll feststehen, wer künftig in der SPÖ-Parteizentrale das Sagen haben wird.

(Foto: Alex Halada/IMAGO)

In Österreich streitet die SPÖ, wer sie künftig führen soll. Wieso vielleicht ein Blick auf den Parteitag der deutschen Genossen im Jahr 1995 lohnt.

Von Cathrin Kahlweit

Nun hat es Österreichs Sozialdemokratie tatsächlich geschafft, sich noch tiefer in den Gatsch (hochdeutsch: Matsch) hineinzureiten, als man es für möglich gehalten hätte. Das Verfahren, mit dem per Urwahl ein neuer Vorsitzender oder eine neue Vorsitzende gekürt werden sollte, war von Anfang so deppert, dass es in Chaos und Missgunst enden musste: keine Stichwahl, keine absolute Mehrheit, sondern die Hoffnung darauf, dass sich die Verlierer schon abfinden, bescheiden und kooperieren würden - egal, wie knapp das Ergebnis ist. Und das in einer Partei, deren Teile schon lange kein Ganzes mehr darstellen?

Das Ergebnis waren drei fast gleichstarke Lager; Sieger und zweiter Sieger, der immer noch erster Sieger werden will, sind übrig geblieben. Das Rennen sei offen, heißt es. Wirklich? Auf dem Parteitag am 3. Juni wird sicherlich nicht der letzte Akt des SPÖ-Dramas aufgeführt. Die Delegierten haben nun die Wahl zwischen Andreas Babler, dem Linken aus Traiskirchen, der sich nicht entscheiden kann, ob er ein Marxist sein will oder nur war. Und Hans Peter Doskozil, dem Rechts-Linken aus Eisenstadt, der sich bei seinen Beschwörungen der Einheit der Partei hinter auffällig vielen Schachtelsätzen versteckt.

Jetzt starren alle auf die etwa 600 Funktionäre, die über das Schicksal der SPÖ entscheiden sollen. Schon im Vorfeld werden hektisch alle Gruppen, ihre Zugehörigkeiten und Abhängigkeiten durchdekliniert: Welche Blöcke stimmen für wen? Nicht nur Landesorganisationen, Parteivorstand und Gewerkschaften, sondern auch gern übersehene Kleinst-Formationen wie die Red Biker, der Sängerbund oder die Arbeiterfischer werden sich in den kommenden Tagen kaum retten können vor Liebesbezeugungen beider Kandidaten.

Aber vor dem Parteitag ist nach dem Parteitag. Die Schlacht wird weitergehen, und die Truppen, die auf Seiten des Verlierers gekämpft haben, werden dem Neuen das Leben zur Hölle machen. Vielleicht lohnt ein Blick nach Mannheim 1995, dort fand einst ein für die deutsche Sozialdemokratie historischer Parteitag statt.

Rudolf Scharping trat als Vorsitzender an, aber nach einer fulminanten Rede wurde statt seiner Oskar Lafontaine zum Parteichef gekürt. Im Deutschlandfunk hieß es dazu: "Als Lafontaine als klarer Sieger der überraschenden Kampfabstimmung ans Rednerpult geht, blickt der saarländische Ministerpräsident auf Delegierte, die erleichtert sind, dass ein seit Monaten schwelender Führungsstreit endlich geklärt ist." Andere dagegen seien "tief verunsichert" und hätten Lafontaines Bekenntnis, mit Scharping zusammenzuarbeiten, mit "lautem Gelächter" quittiert.

Ach ja: Einige Jahre später bekam die SPD Konkurrenz und Lafontaine wurde Vorsitzender der Linkspartei.

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