Österreich:Rekordverdächtig

Kurz-Bundeskanzler Christian Kern verlässt endgültig die Bühne Politik.

Von Peter Münch

Christian Kern macht's kurz: In die österreichischen Annalen der Nachkriegszeit wird er als Kanzler und als SPÖ-Chef mit der geringsten Amtszeit eingehen, und nun hat er auch noch die angekündigte Spitzenkandidatur für die Europawahl nach nicht einmal drei Wochen ad acta gelegt. Genauso schnell wie er vom Manager zum Politiker mutierte, will er nun wieder zurück in die Wirtschaft wechseln. Das ist alles rekordverdächtig - und auch sonst verdächtig.

Denn selbst im Schnelldurchlauf hat Kern einigen Schaden angerichtet. Er hat Hoffnungen enttäuscht und Vertrauen verspielt, und das trifft nicht nur ihn persönlich, sondern die gesamte politische Klasse. Die Politikverdrossenen jedenfalls haben nun einen weiteren Beleg dafür, dass "die da oben" vor allem Egomanen sind.

Gescheitert ist Kern aber nicht nur an seiner Eitelkeit und am eigenen Wankelmut, sondern auch an seiner Partei. In einer Zeit, da Österreich eine starke Opposition zur schwarz-blauen Rechtsregierung bräuchte, beschäftigen sich die Sozialdemokraten leidenschaftlich mit Intrigen und Flügelkämpfen. Beim Rückzug hat sich Kern das weinselige Bonmot nicht verkneifen können, dass man "einen guten Roten am Abgang erkennt". Kerns Abgang freilich hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack.

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