Österreich:Regierungsbildung vor dem Abschluss

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Parteichefs von ÖVP und Grünen treffen sich zu letzten Detailver­handlungen. Schallenberg soll Außenminister bleiben.

Von Tobias Zick, München

Die Bildung einer türkis-grünen Regierung in Österreich rückt in greifbare Nähe. Am Neujahrstag kamen der Parteichef der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP), Sebastian Kurz, und sein Kollege von den Grünen, Werner Kogler, erneut in einem Wiener Stadtpalais zusammen, um letzte Details ihres Koalitionsabkommens auszuhandeln. Dieses soll am Donnerstag im Detail der Öffentlichkeit präsentiert werden. Bereits am Mittwochabend wollten Kurz und Kogler gemeinsam vor die Presse treten; es wurde erwartet, dass sie zu dem Zeitpunkt eine Einigung auf ein Bündnis verkünden.

Bevor die neue Regierung schließlich vereidigt werden kann, muss zunächst am kommenden Samstag ein eigens dafür anberaumter Bundeskongress der Grünen in Salzburg dem Koalitionsvertrag zustimmen - Titel der Veranstaltung: "Mutig in die Zukunft". Eine Mehrheit für das Koalitionsabkommen mit den bislang höchst kritisch beäugten Konservativen gilt als sicher - auch wenn sich zuletzt an der grünen Basis Unmut darüber regte, dass einige der Delegierten lediglich zwei Tage Zeit haben werden, um das wohl rund 200 Seiten starke Dokument zu lesen, über das sie dann abstimmen sollen.

Wesentliche Konfliktpunkte im Laufe der seit Mitte November andauernden Koalitionsgespräche lagen in den Großthemen Klima und Migration. Am vergangenen Sonntag verkündete ÖVP-Chef Kurz, die "großen Steine auf dem Weg zur gemeinsamen Regierung" seien "von beiden Seiten aus dem Weg geräumt worden". Grünen-Chef Kogler bestätigte, es seien "viele scheinbar unüberbrückbare Hürden" überwunden worden.

Am Neujahrstag gaben beide Seiten gemeinsam ihre jüngsten Personalentscheidungen bekannt. Das Verteidigungsministerium soll demnach Klaudia Tanner (ÖVP) übernehmen, Juristin und seit 2011 Direktorin des niederösterreichischen Bauernbunds. Innenminister soll der bisherige ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer werden, der Grüne Rudi Anschober ist als Sozialminister vorgesehen, seine Parteikollegin Leonore Gewessler übernimmt das neue Umwelt- und Infrastrukturministerium. Außenminister bleibt demnach der Karrierediplomat Alexander Schallenberg, der das Amt nach dem Bruch der Vorgängerregierung übernommen hatte.

Schallenberg ist demnach der einzige Minister des derzeit regierenden Expertenkabinetts, der im Amt bleibt. Österreich wird seit nunmehr sieben Monaten von der Expertenregierung unter Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein geführt. Die vorige Koalitionsregierung aus ÖVP und FPÖ war zerbrochen, nachdem Süddeutsche Zeitung und Spiegel Teile eines Videos veröffentlicht hatten, das den damaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache zeigte, wie er vor der Wahl auf Ibiza mit einer angeblichen russischen Oligarchennichte über mögliche Staatsaufträge als Gegenleistung für Wahlkampfhilfe sprach. Aus der folgenden Neuwahl gingen die ÖVP mit 37,5 Prozent (plus sechs) und die Grünen mit 13,9 Prozent (plus 10,1) als Gewinner hervor.

© SZ vom 02.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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