Unlängst war ich auf einem Hauskonzert eingeladen, bei dem die wunderbaren Strottern, ein Wiener Akustik-Duo, aufspielten. Sie füllen regelmäßig große Säle und treten auch in größeren Formationen auf, aber ganz verliebt bin ich, wenn sie nur zu zweit sind: so sanft, so fein, so gemein. Ihr Repertoire ist eine moderne Form des Wiener Lieds mit Anleihen bei Jazz und Blues, und wenn sie noch Texte des wunderbaren Lyrikers und Sachbuchautors Peter Ahorner singen, dann bin ich hin und weg.
Bei dem Hauskonzert neulich sangen die Strottern auch einen von Ahorners bekanntesten Songs: "in schönbrunn is großalarm", das ein wenig an ein Kinderlied erinnert; es erzählt davon, wie jemand des Nachts im Schönbrunner Tierpark alle Käfige aufsperrt - und Löwe, Fledermaus, Elefant und Stinktier in Wien ihre Freiheit genießen. Ahorner hat subtilere Lieder geschrieben und bösere, aber dieses passt zur Hauptstadt. Denn Tiere sind ein besonders beliebtes Mittel der Selbstinszenierung für Politiker in ihrem österreichischen Habitat.
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Tiere, Kinder, Autos weckten die meisten positiven Emotionen, sagte Politikwissenschaftler Peter Filzmaier dazu am Donnerstag bei der Präsentation des Buches "Der Professor und der Wolf", das er gemeinsam mit ORF-Journalist Armin Wolf geschrieben hat ( mehr dazu lesen Sie hier). Und erinnerte an die "erste Hochphase" der politmedialen Inszenierung, bevor das Team von Sebastian Kurz diese dann regelrecht professionalisierte: So machte die erste schwarz-blaue Regierung unter Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) im Jahr 2000 einen Klassenausflug in den Zoo, wo jeder Minister sein Lieblingstier auswählte. Karl-Heinz Grasser, der schöne Finanzminister, der mittlerweile (nicht rechtskräftig) wegen Untreue, Beweismittelfälschung und Geschenkannahme zu acht Jahren Haft verurteilt wurde, entschied sich für den Schäferhund, der sei so "treu". Die damalige FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer - mittlerweile mit EU-Kommissar Johannes Hahn verheiratet und Mitglied eines "Zukunfts-Teams" von ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer -, brachte immerhin die Selbstironie auf, die Königskobra als Lieblingstier auszuwählen. So lautete dereinst, FPÖ-intern, ihr Spitzname.
Die Kombination von Politikern und Tieren ist ein beliebtes Vehikel, wenn Gefälligkeitsberichterstattung gegen Regierungsinserate gefragt ist. Vor der Nationalratswahl 2008, als SPÖ-Kandidat Werner Faymann im Wahlkampf stand, titelte die Kronen Zeitung tatsächlich: "Tiere würden Faymann wählen". 2017, als Sebastian Kurz dringend Kanzler werden wollte, ließ das ÖVP-geführte Finanzministerium eine Umfrage erstellen und in einer Boulevardzeitung platzieren, in der Politiker mit Tieren verglichen wurden. Überraschung: Kurz war ein sympathischer und kluger Delfin, Oppositionspolitiker endeten als Hyänen und Affen. Heute ermittelt wegen solcher steuerfinanzierter Sinnlos-Umfragen die Staatsanwaltschaft.
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