Österreichischer Nationalrat:So können Österreichs Abgeordnete folgenlos schummeln

Vor den Wahlen in Österreich

Österreichs Parlamentarier müssen derzeit keine Strafen befürchten, wenn sie falsche Angaben zu ihren Nebenverdiensten machen.

(Foto: dpa)
  • Eigentlich sind Österreichs Abgeordnete verpflichtet, Nebeneinkünfte anzugeben. Transparent geht es trotzdem nicht zu.
  • Ihre Informationen lassen sich kaum überprüfen.
  • Und falsche Angaben werden bislang nicht bestraft.

Von Nathan Niedermeier

Wer sich über die Einkommensverhältnisse von Abgeordneten im österreichischen Nationalrat informieren möchte, muss einen gehörigen Vertrauensvorschuss mitbringen. Das Unvereinbarkeits- und Transparenzgesetz, das 2013 in Kraft trat, schreibt zwar vor, dass Nebeneinkünfte der Parlamentsverwaltung gemeldet werden müssen. Doch die Transparenz ist getrübt. Denn überprüft werden die Angaben nicht - und falsche Angaben sind in Österreich nicht strafbar. Für Journalisten und erst recht für Bürger ist es schwer zu überprüfen, ob die Abgeordneten ihre Nebentätigkeiten und Firmenbeteiligungen korrekt angeben.

Das zeigt sich etwa am Beispiel zweier Abgeordneter. Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), ehemalige Bundesministerin für Bildung und Frauen, ist Gesellschafterin der heinischconsulting GmbH. Ein Beratungsunternehmen, das ihr zusammen mit ihrem Mann gehört. Der Verwaltung des Nationalrats hat sie diese Tätigkeit nicht gemeldet. Ein Verstoß gegen die Transparenzregelungen wäre dies aber nur dann, wenn von der Gesellschaft Geld an die SPÖ-Frau fließen würde. Auf Anfrage schreibt Heinisch-Hosek: "Da bisher keine Gewinne an die Gesellschafter ausbezahlt wurden, habe ich aus dieser Gesellschafterfunktion keine Vermögensvorteile erhalten." Also keine meldepflichtige Tätigkeit? Überprüfen ließ sich diese Aussage weder durch einen Auszug aus dem Firmenbuch noch durch den Gesellschaftervertrag der heinischconsulting GmbH, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Zu überprüfen, ob für Tätigkeiten tatsächlich kein Geld fließt, ist schwierig

Ähnlich sieht es im Fall des Abgeordneten Josef Moser (ÖVP) aus, dem früheren Präsidenten des österreichischen Rechnungshofs. Moser ist seit 2011 Honorarprofessor an der Nanjing Audit University in China. Diese Tätigkeit gibt er auf der Internetseite des Nationalrats zwar unter "Beruflicher Werdegang" an, nicht aber unter "Transparenz". Auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung lässt Moser mitteilen, er übe die Honorarprofessur ehrenamtlich aus, es gebe kein Honorar.

Dass bei beiden Abgeordneten tatsächlich kein Geld fließt, mag stimmen. Dies zu überprüfen ist auch deshalb schwierig, weil das Firmenbuch, in dem alle österreichischen Unternehmen registriert sind, nicht nach Namen von Personen durchsucht werden kann.

Experte fordert Strafen für falsche Angaben

Hubert Sickinger, Professor an der Universität Wien findet: "Die Transparenz bei den Abgeordneten lässt einiges zu wünschen übrig." Der Politikwissenschaftler schlägt vor, dass die Parlamentsverwaltung im Falle falscher Angaben der Abgeordneten eine Verwaltungstrafe verhängt: "Dass es bislang für falsche Angaben keinerlei Sanktionen gibt, finde ich nicht in Ordnung", sagt Sickinger.

In Deutschland sieht es in Sachen Transparenz von Bundestagsabgeordneten übrigens nicht viel besser aus. Die Bundestagsverwaltung schreibt auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung: "Eine weitergehende Prüfung erfolgt nur anlassbezogen, etwa, wenn sich Hinweise auf Unstimmigkeiten ergeben." Eine standardisierte Kontrolle bleibt aus.

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