Österreich:Linke Politik mit rechten Positionen

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Der Wahlerfolg im Burgenland könnte der SPÖ eine Debatte um die Führung der Partei bescheren.

Von Peter Münch, Wien

Weil man in der Politik oft im Kleinen das Große sehen kann, ist die Landtagswahl im Burgenland zum Stimmungstest für die österreichische Bundespolitik ausgerufen worden. Im kleinsten der neun Bundesländer mit nur 300 000 Einwohnern hat es dabei keinen Rückenwind für die in Wien gebildete Regierung aus ÖVP und Grünen gegeben. Vielmehr hat die sonst so gebeutelte SPÖ bewiesen, dass sie noch siegen kann: Mit einem Plus von acht Prozentpunkten auf 50 Prozent erreichten die Sozialdemokraten die absolute Mehrheit. Bislang hatten sie in einer seltsam anmutenden Koalition mit der rechten FPÖ regiert. Der größte bundespolitische Effekt des burgenländischen Wahlsonntags dürfte deshalb darin liegen, dass dieser Erfolg der SPÖ wohl eine weitere Richtungs- und Personaldebatte bescheren wird.

Das Ergebnis sei der erste Schritt, um die Partei "aufzurütteln"

Denn den Wahlsieg darf sich nicht die Bundesvorsitzende Pamela Rendi-Wagner auf die Fahnen schreiben, sondern allein der rote Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Er hatte sich im Wahlkampf immer wieder deutlich von der Bundespartei abgegrenzt. Inhaltlich setzt er auf eine klassisch-linke Sozialpolitik, gepaart mit rechten Positionen bei Migrations- und Sicherheitsfragen. Dass dies zum "Erfolgsrezept" taugt, musste auch die zum Jubeln nach Eisenstadt gereiste SPÖ-Chefin Rendi-Wagner bekennen.

Der 49-jährige Doskozil, der bei der Flüchtlingskrise 2015 als Polizeichef im Burgenland eine gute Figur gemacht und anschließend eine politische Blitzkarriere gestartet hatte, geht in jedem Fall auch bundespolitisch gestärkt aus dieser Landtagswahl hervor. Nach dem Wahlsieg sprach er offenkundig überwältigt vom "schönsten Tag in meinem Leben". Jenseits des Persönlichen wertete er das Ergebnis als "ersten Schritt, die SPÖ aufzurütteln". Einerseits erklärte er zwar, dass er nun keine Personaldebatte anfachen wolle. Dies würde die "Problemstellung unterdrücken". Andererseits aber sagte er, man werde sehen, wer bei der nächsten Parlamentswahl der beste sozialdemokratische Kandidat sein werde. Rendi-Wagner darf sich also als Chefin auf Abruf fühlen, die sich in der Bundespolitik als Oppositionschefin abmüht.

Für die türkis-grünen Wiener Regierungskoalitionäre brachte die Wahl im Burgenland nur überraschend geringe Stimmengewinne. Die ÖVP kam mit einem Plus von 1,5 auf 30,6 Prozent. Die Grünen konnten sich nur um 0,3 Prozentpunkte auf 6,7 Prozent verbessern. Ungebremst weiter geht nach dem Ibiza-Skandal und den darauffolgenden parteiinternen Kampfhandlungen der Niedergang der FPÖ. Sie muss im Burgenland, in der Heimat ihres neuen Vorsitzenden Norbert Hofer, nicht nur die Regierungsposten räumen. Mit nur noch 9,8 Prozent büßte sie auch ein Drittel ihrer alten Stärke ein. Von der Seitenlinie aus sprach der ausgeschlossene frühere Parteichef Heinz-Christian Strache mit reichlich Häme von einem "Kurs in Richtung Irrelevanz".

© SZ vom 28.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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