Österreich:Jetzt geht's an die Arbeit

Mauerbach 10 01 2019 Hotel Schlosspark Mauerbach AUT Bundesregierung Tour de Table vor der Arb

Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Kanzler Sebastian Kurz bei der Klausur.

(Foto: imago/Eibner Europa)
  • Nachdem im ersten Regierungsjahr vor allem das Thema Migration bearbeitet wurde, will Österreichs Regierung nun andere Schwerpunkte setzen.
  • Den breitesten Raum nimmt dabei die Steuerreform ein, unter anderem ist eine Digitalsteuer für Internetkonzerne geplant.

Von Peter Münch, Wien

Wie immer sind die Protagonisten der österreichischen Regierungskoalition in sehr gut sitzenden Anzügen vor die Presse getreten nach ihrer zweitägigen Kabinettsklausur in Mauerbach bei Wien. Doch eigentlich hätten zu diesem Auftritt auch ein paar hochgekrempelte Ärmel gepasst. Denn die Botschaft von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zum Auftakt des zweiten Regierungsjahres lautet: Es geht an die Arbeit.

Nachdem im ersten Jahr noch als Nachwehen des Wahlkampfs das Thema Migration ausgeschlachtet worden ist, rücken nun die Sachthemen in den Vordergrund. Drei Kernprojekte nannte Kurz für 2019: eine Steuerreform, die Digitalisierung sowie eine sogenannte Pflege-Offensive.

Den breitesten Raum nimmt dabei die Steuerreform ein, deren Umfang Kurz auf "über sechs Milliarden Euro" bezifferte. Anders als bei früheren Reformen - dies ist schon die vierte seit 2004 - versprach er dabei eine "echte und ehrliche Entlastung", weil es zur Finanzierung weder neue Schulden noch Steuern in anderen Bereichen geben werde.

Eine Ausnahme ist allerdings die geplante neue Digitalsteuer, die freilich nicht die Bürger trifft, sondern Konzerne wie Google oder Facebook. Deren Online-Werbeumsätze sollen mit drei Prozent besteuert werden. Weil unter Wiens Ratspräsidentschaft hier keine EU-Einigung erzielt wurde, setzt Österreich, so wie Frankreich, zunächst auf eine nationale Lösung.

Die Steuererleichterungen werden allerdings nicht gleich in vollem Umfang kommen, sondern auf drei Etappen bis 2022 gestreckt. Dafür gibt es budgetäre Gründe: Der Haushalt soll stabil in den schwarzen Zahlen gehalten werden. Zum andern liegt dem gewiss auch das politische Kalkül zugrunde, die Wohltaten bis zur nächsten Parlamentswahl spürbar zu halten. Zu Beginn liegt der Fokus bei den Geringverdienern, die von 2020 an bei Sozialabgaben und Lohnsteuer entlastet werden. Es profitiert eine Kernklientel der FPÖ, und die als wirtschaftsnah geltende Regierung nutzt die Chance, den von der sozialdemokratischen Opposition erhobenen Vorwurf der "sozialen Kälte" zu kontern. Ein Jahr später sollen die Steuertarifgruppen gesenkt und schließlich die Unternehmen mit einer geringeren Körperschaftsteuer entlastet werden.

Die Gegenfinanzierung der Erleichterungen ist noch unklar. Vage bleiben indes auch noch die Pläne im Bereich der Digitalisierung, wo Kurz das Ziel ausgab, Österreich unter anderem durch den Ausbau der Infrastruktur europaweit "an die Spitze" zu bringen. Bei der Pflege soll der Schwerpunkt auf einer besseren Betreuung zu Hause liegen. Ob dies wie in Deutschland durch eine Pflegeversicherung finanziert werden soll, wird im Rahmen eines "Pflege-Dialogs" untersucht. Strache sprach von einem "Startschuss" in allen drei Bereichen. Nach der Klausur muss die Regierung nun an die Detailarbeit gehen. Nur der Vizekanzler fuhr heim. Nach der Geburt seines Sohnes am Neujahrstag hat er sich in einen "Papa-Monat" zurückgezogen.

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