Österreich:Misstrauensvotum findet frühestens am Montag statt

  • Nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos dauert die Regierungskrise in Österreich an.
  • Nachdem Bundeskanzler Kurz die Entlassung von Innenminister Kickl verlangt hat und die Regierung damit endgültig zerbrochen ist, denkt die FPÖ darüber nach, einen Misstrauensantrag gegen Kurz zu unterstützen.
  • Am Montag werden die Abgeordneten darüber abstimmen, ob sie Kurz das Misstrauen aussprechen. Besonders spannend ist, wie sich die SPÖ verhält.

Am kommenden Montag ab 13 Uhr wird sich vermutlich entscheiden, ob Sebastian Kurz vorerst Kanzler bleibt. Nach dem Bruch der rechtskonservativen Regierung kommt das Parlament dann zu einer Sondersitzung zusammen, wie Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka mitteilte. In dieser Sitzung soll über einen Misstrauensantrag gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) abgestimmt werden. Eine Mehrheit gegen den Kanzler ist möglich.

Die FPÖ denkt darüber nach, ein Misstrauensvotum gegen Kurz zu unterstützen. "Es wäre fast naiv von Kurz anzunehmen, dass wir Freiheitliche nach dem Misstrauen von Kurz gegen uns kein Misstrauen gegen ihn haben", sagte der zurückgetretene Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) der Zeitung Österreich. "Wer Vertrauen gibt, erhält Vertrauen. Wer Misstrauen gibt, kriegt Misstrauen. Kurz hat das Tischtuch ohne Not zerschnitten." Bezogen auf ein Misstrauensvotum gegen Kurz sagte der neue FPÖ-Chef Norbert Hofer im ORF, man werde "überlegen, ob wir einem derartigen Antrag zustimmen werden".

Am Montagabend hatte Österreichs Kanzler verkündet, dass er Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Entlassung des bisherigen Innenministers Kickl vorschlagen werde. Es gebe bei Kickl und der FPÖ im Umgang mit dem Strache-Video und der dadurch ausgelösten Regierungskrise "nicht die nötige Sensibilität". Die FPÖ machte daraufhin ihre Drohung wahr, alle Minister der Partei traten geschlossen zurück.

Die SPÖ will eine Experten-Regierung

Die kleine Oppositionspartei "Jetzt - Liste Pilz" hatte bereits angekündigt, einen entsprechenden Antrag für eine Sondersitzung des Nationalrates zu stellen. FPÖ und "Jetzt" haben aber gemeinsam keine Mehrheit, um den Antrag durchzubringen.

Entscheidend ist daher, wie sich die SPÖ verhält. Die Sozialdemokraten haben sich bereits gegen Kurz positioniert. Sie wollen in der Politkrise die komplette Regierung gegen Experten ausgetauscht sehen. Nur ein solcher Schritt wäre eine "gute und tragfähige Lösung", sagte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner am Montag in Wien. Kurz hatte hingegen angekündigt, nur die nun freiwerdenden Ministerposten der FPÖ mit Experten und Spitzenbeamten zu besetzen. So wolle er bis zum anvisierten Tag der Wahl im September Stabilität gewährleisten und Handlungsfähigkeit auf europäischer Ebene sichern.

Zu einem Misstrauensantrag gegen Kurz äußerte sich die SPÖ zurückhaltend. Dies sei derzeit "kein vorrangiges Thema", sagte ein Partei-Sprecher der Agentur APA. Zunächst gelte es, mit dem Bundespräsidenten und den anderen Parteien eine "geordnete Übergabe" zu erreichen. "Wir hoffen, dass dann alle Beteiligen einsichtig sind, und es nicht zu einem Misstrauensantrag kommen muss", so der Sprecher. Am Mittag soll ein Treffen des österreichischen Präsidenten Alexander van der Bellen (Grüne) mit Kurz stattfinden, der Präsident will später auch Vertreter kleinerer Parteien treffen.

Die Regierungskrise in Österreich wurde am Freitag durch ein von Süddeutscher Zeitung und Spiegel veröffentlichtes Video aus dem Jahr 2017 ausgelöst. In dem Video werden möglicherweise illegale Parteispenden an die FPÖ thematisiert. Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache musste deswegen zurücktreten. Er stellte einer angeblichen russischen Oligarchen-Nichte bei einem Treffen auf Ibiza unter anderem öffentliche Aufträge in Aussicht, sollte sie der FPÖ zum Erfolg bei den Nationalratswahlen 2017 verhelfen.

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