In Österreich sind die Koalitionsverhandlungen zwischen der rechten FPÖ und der konservativen ÖVP gescheitert. Dies teilte FPÖ-Chef Herbert Kickl nach einem Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen in Wien mit. Er habe den Regierungsauftrag zurückgegeben. Bei einer Einigung wäre mit dem extrem rechten Kickl erstmals ein Kanzler aus den Reihen der FPÖ ins Kanzleramt eingezogen.
Die Parteien hatten sich vor allem über die Verteilung der Ministerien gestritten, weil beide Seiten jeweils das Innen- und das Finanzministerium übernehmen wollten. Obwohl die FPÖ der ÖVP in vielen Punkten entgegengekommen sei, „waren die Verhandlungen zu unserem Bedauern letztlich nicht von Erfolg gekrönt“, hieß es in einem Schreiben Kickls an das Staatsoberhaupt.
Am Dienstag hatte Van der Bellen rasche Klarheit gefordert, ob die Regierungsgespräche abgebrochen oder fortgesetzt werden. Die Parteien waren auch in Grundsatzfragen kaum vorangekommen. Große Unterschiede gab es etwa bei der Außenpolitik. So ist die FPÖ gegen eine weitere Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland. Sie ist zudem extrem EU-kritisch, die ÖVP dagegen überzeugt von den Vorteilen der Europäischen Union.
Insgesamt war in den etwa vierwöchigen Gesprächen vor allem klar geworden, dass beide Parteien eine andere Weltsicht haben. Während die ÖVP auf die enge internationale Einbindung der kleinen Alpenrepublik setzt, hatte die FPÖ immer wieder ihren Slogan von der „Festung Österreich“ propagiert. ÖVP-Chef Christian Stocker hatte die FPÖ aufgefordert, angesichts der neuen Verantwortung von weit rechts in die politische Mitte zu rücken. Die Atmosphäre zwischen FPÖ und ÖVP wurde im Laufe der Verhandlungen immer angespannter.
Neuwahl? Neuer Anlauf für eine Dreierkoalition? Oder eine Expertenregierung?
Die Suche nach einer neuen österreichischen Regierung ist damit auch Monate nach der Wahl Ende September nicht abgeschlossen. Vor dem Platzen der Gespräche zwischen FPÖ und ÖVP waren schon Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und den liberalen Neos gescheitert. Die beiden letzteren Parteien warben zuletzt massiv für einen zweiten Anlauf von Dreierkoalitionsgesprächen mit der ÖVP.
Eine andere mögliche Variante sind Neuwahlen. Diese müsste die FPÖ nicht fürchten. Nach ihrem Sieg bei den Nationalratswahlen mit knapp 29 Prozent könnten die Rechten laut Umfragen inzwischen mit etwa 34 Prozent rechnen. Als Alternative zu Neuwahlen wäre auch die Einsetzung einer Experten- oder Übergangsregierung durch Bundespräsident Van der Bellen denkbar. Für eine solche Expertenregierung bot SPÖ-Chef Andreas Babler dem Bundespräsidenten bereits kurz nach dem Aus der Gespräche von FPÖ und ÖVP Unterstützung an.
Bis zur Bildung einer neuen Regierung bleiben die bisherigen Minister aus ÖVP und Grünen unter dem konservativen Übergangskanzler Alexander Schallenberg im Amt.