Die Regierung in Wien war die erste innerhalb der EU, die einen Vorstoß in Richtung allgemeine Covid-Impfpflicht machte. Mitte November war der Plan angesichts rasant steigender Infektionszahlen auf einer Pressekonferenz von Bund und Ländern verkündet worden. Seither wird intensiv an einer entsprechenden Verordnung gearbeitet. Sie soll Anfang Februar in Kraft treten.
Seit Mitte November sind Politiker der schwarz-grünen Koalition aber auch beständig damit beschäftigt zu betonen, wie wenig begeistert sie selbst über diese Zwangsmaßnahme seien, die sie liebend gern vermieden hätten. Niemand habe sich die Impfpflicht gewünscht, sagte etwa am Dienstag Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) auf einer Pressekonferenz, aber sie sei nötig. Gerechtfertigt sei sie dann, wenn das übergeordnete Ziel, der allgemeine Gesundheitsschutz, damit erreicht werden könne, so Edtstadler. Auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein von den Grünen stellte fest, die Entscheidung sei niemandem leichtgefallen. Aber aus epidemiologischer Sicht gebe es derzeit keine Alternative.
Zuvor hatte man sich an einem runden Tisch mit Juristen, Gesundheitsexperten und Oppositionspolitikern von SPÖ und Neos beraten. Allseits wurden die "konstruktiven Gespräche" gelobt, auch wenn sich die Opposition die Gelegenheit nicht entgehen ließ, zu betonen, dass die Impfpflicht nur nötig geworden sei, weil die Regierung zuvor in der Pandemiebekämpfung versagt habe. Man müsse jetzt aber gemeinsam den Teufelskreis von überfüllten Krankenhäusern und Lockdowns durchbrechen, so SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner.
Die Koalition will mit "destruktiven Kräften" nicht reden
Explizit nicht geladen war FPÖ-Chef Herbert Kickl, der nach überstandener Covid-Infektion triumphierend twitterte, er sei wieder gesund und fit. Kickl, selbst nicht geimpft, hatte die Impfpflicht als Weg in die Diktatur und die Regierung als "sadistisch und verlogen" bezeichnet, während Edtstadler und Mückstein mitteilten, mit "destruktiven Kräften" könne man nicht konstruktiv verhandeln.
Was nun die Details des Gesetzes betrifft, das demnächst in eine vierwöchige Begutachtungsphase gehen soll, so hüllten sich die Kabinettsmitglieder in Schweigen. Auszüge aus einem ersten Entwurf landeten gleichwohl bei österreichischen Medien. Danach soll die Impfpflicht für alle Personen gelten, die in Österreich wohnen. Ausnahmen soll es für jene geben, die "nicht ohne Gefahr für Leben oder Gesundheit geimpft" werden können, außerdem unter bestimmten Bedingungen für Schwangere und für Kinder unter zwölf Jahren. Zwangsweise zur Impfung vorgeführt werden soll niemand, aber: Wer sich weigert, dem droht ein Bußgeld von bis zu 3600 Euro - und zwar pro Impfung. Wer also zwei behördliche Vorladungen ignoriert, muss bis zu 7200 Euro zahlen. Wer sagt, er könne nicht geimpft werden, muss ein amtsärztliches Attest vorlegen. Ob und wie Genesene den Geimpften gleichgestellt werden, ist noch unklar.
Die FPÖ in Oberösterreich, die in einer Koalition mit der dortigen ÖVP regiert, kündigte eine Verfassungsklage an. Sollte, so der oberösterreichische Parteichef Manfred Haimbuchner, der selbst schwer an Covid erkrankt war und länger im Krankenhaus gelegen hatte, das österreichische Verfassungsgericht die Impfpflicht für verfassungskonform halten, werde man vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen. Die FPÖ mobilisierte am vergangenen Wochenende erneut mehrere Zehntausend Menschen in zahlreichen Städten des Landes für Protestaktionen gegen Impfpflicht und Lockdown. Der soll vorläufig bis zum 13. Dezember gelten.
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