Österreich:"Ich halte die im Raum stehenden Vorwürfe für falsch"

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Alexander Schallenberg während seiner Vereidigung in der Präsidentschaftskanzlei. (Foto: Lisa Leutner/dpa)

Ex-Außenminister Alexander Schallenberg ist neuer Bundeskanzler. Mit seinem Vorgänger Sebastian Kurz will er ungeachtet der Korruptionsermittlungen "sehr eng zusammenarbeiten".

Österreich hat einen neuen Bundeskanzler. Der bisherige Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) wurde am Montag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen als Nachfolger von Sebastian Kurz (ÖVP) in Wien vereidigt. Schallenberg kündigte an, er wolle ungeachtet der Korruptionsermittlungen gegen seinen Vorgänger Kurz mit diesem auch künftig an einem Strang ziehen. "Ich halte die im Raum stehenden Vorwürfe für falsch", sagte Schallenberg nach seiner Vereidigung, er werde "selbstverständlich mit ihm sehr eng zusammenarbeiten". Kurz bleibt ÖVP-Chef und wird Fraktionschef im Parlament.

Seinen Rücktritt als Regierungschef hatte Kurz am Samstagabend erklärt nach einer tagelangen politischen Krise. Ausgelöst wurde sie von Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Enge Mitstreiter des Kanzlers stehen im Verdacht, von 2016 an positive Medienberichte über Kurz im Gegenzug für steuerfinanzierten Anzeigen bei einem Medienunternehmen erkauft zu haben. Ziel sei es gewesen, Kurz so an die Spitze der konservativen ÖVP und weiter ins Amt des Bundeskanzlers zu bringen. Es besteht der Verdacht der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit.

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Kurz, der ebenfalls als Beschuldigter geführt wird, bestreitet die Vorwürfe. Die Grünen unter Vizekanzler Werner Kogler hatten die Regierungskoalition mit der ÖVP infrage gestellt, falls Kurz Kanzler geblieben wäre. Die Grünen sprachen Kurz die Amtsfähigkeit ab und verlangten von der ÖVP , eine "untadelige Person" für das Amt des Kanzlers zu finden. Voraussichtlich wird sich ein Untersuchungsausschuss des Parlaments mit der "Inseratenaffäre" befassen.

Schallenberg sagte nach seiner Angelobung in der Wiener Hofburg, er werde "gemeinsam mit Vizekanzler Kogler alles daransetzen, um entstandene Gräben zuzuschütten". Es gehe nun darum, die kürzlich erzielten Einigungen auf ein Budget und auf ein Klima-Steuermodell umzusetzen. Kogler zeigte sich zufrieden mit den personellen Veränderungen an der Spitze der Regierung. "Ich gehe davon aus, dass die Chancen jetzt wieder sehr gut sind", dass die Koalition bis zum nächsten regulären Wahltermin im September 2024 halten werde, sagte Schallenberg. Die Menschen in Österreich hätten verdient, dass in der Politik gearbeitet und nicht gestritten werde.

"Ich bin kein Schattenkanzler"

Die Vorsitzende der Sozialdemokraten (SPÖ), Pamela Rendi-Wagner, kritisierte am Montag, dass Kurz im Hintergrund weiter die Fäden ziehen werde. "Er ist zwar nicht mehr Bundeskanzler, aber Schattenkanzler der Republik Österreich", sagte die Chefin der größten Oppositionspartei. Der Ex-Bundeskanzler erwiderte laut ORF darauf in einem schriftlichen Statement: "Ich bin kein Schattenkanzler", schrieb er darin und versicherte seinem Nachfolger Alexander Schallenberg seine Unterstützung.

Nach Worten von Präsident Van der Bellen bringt der 52-jährige Schallenberg beste Voraussetzung für das Kanzleramt mit. "Als Spitzendiplomat und Außenminister wissen Sie genau, wie man die gegensätzlichsten Positionen auf einen gemeinsamen Nenner bringt", sagte das Staatsoberhaupt bei der Vereidigung. Zudem sei Schallenberg "überzeugter Europäer mit langer Berufserfahrung in Brüssel". Von der konservativ-grünen Regierung erwarte er, so der Bundespräsident, dass sie nun wieder ihre Arbeit aufnehme.

Schallenberg hat bisher ebenso wie Kurz einen harten Kurs in der Migrationspolitik verfolgt. Nach der Brandkatastrophe im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos lehnte er im Gegensatz zu anderen EU-Ländern eine Aufnahme von Migranten strikt ab. Als neuer Außenminister Österreichs wurde in Schallenbergs Nachfolge der Diplomat Michael Linhart vom Bundespräsidenten vereidigt. Linhart war bisher Österreichs Botschafter in Paris und davor als Generalsekretär der oberste Beamte im Außenministerium, er gilt als konservativ.

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