Vor ein paar Tagen noch hat es Katzen und Hunde geregnet, und nein, das ist keine Anspielung auf Donald Trumps Einlassungen über angebliche Essgewohnheiten in Springfield, Ohio, sondern die wörtliche Übersetzung einer Redewendung aus dem Amerikanischen. „It’s raining cats and dogs“, sagt man da, was so viel bedeutet wie: Es gießt in Strömen.
Wahrscheinlich kennt sich der Präsidentschaftskandidat mit extremem Regen nicht gut aus; eher, Achtung Kalauer, mit extremem Reden. Wie man überhaupt vermuten darf, dass Trump sich mit einem schwierigen Alltag, der Überflutungen, unbewohnbare Häuser, zerstörte Felder, Leid, Not, Armut und Trauer daherschwemmt, nicht gut auskennt. Sein Golfplatz in Florida wird künstlich bewässert, so viel ist sicher.
In Österreich gehen die Pegelstände der letzten Flüsse, die noch nicht in ihre Betten zurückgefunden haben, langsam zurück. Noch immer fahren nicht alle Züge, noch immer stehen Menschen weinend zwischen zerborstenen Türen und aufgeschwemmten Möbeln mit Schubkarre und Schaufel in den Trümmern ihrer Existenz. Dennoch hat die Nachlese bereits begonnen.
Wer oder was trägt die Verantwortung, der Herrgott, der Wettergott oder die Politik? Die ÖVP, die in den am meisten betroffenen Bundesländern seit Jahrzehnten regiert, sagt, man habe alles Menschenmögliche getan. Die fortschreitende Versiegelung der Landschaft sei jedenfalls nicht das Problem, denn „auch der beste Boden kann diese Regenmengen nicht aufnehmen“, wie Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner im ORF feststellte.
Ob man dem Boden seinen Job ein bisschen erleichtern könnte, die Menschen vor den Unbilden der Natur zu schützen, wenn diese schon die Natur nicht schützen wollen, darauf ging Mikl-Leitner vorsichtshalber nicht ein.
Und wer zahlt nun? In der letzten Parlamentssitzung dieser Legislaturperiode, die direkt in die letzte, heiße Phase vor der Nationalratswahl am 29. September überleitet, war man sich darüber natürlich nicht einig. Der Bundeskanzler verwies sehr zufrieden darauf, dass man den Katastrophenfonds aufgestockt und den sogenannten Wohnschirm ausgebaut habe, der vor Wohnungsverlust und zu hohen Energiekosten schützt. Die Grünen wollen für die Zukunft mehr als Hochwasserschutz, denn man müsse nicht nur Abwehrmaßnahmen bauen, sondern die Raumplanung neu denken. Das fanden fast alle richtig, im Prinzip; ein Glück nur, dass im Nationalrat nicht mehr beschlossen werden musste, wer Raum hergeben und wer für das Klima planen soll.
Bloß die FPÖ schert aus
Nur eine Partei scherte wieder aus der Reihe, aber das war wahrscheinlich ebenso wenig eine Überraschung, wie es die Folgen des Tiefs Anett waren: die FPÖ. Deren Parteichef Herbert Kickl, der sich ansonsten im Nationalrat selten sehen lässt, schimpfte erst über das Krisenmanagement der Regierung, dann klagte er darüber, dass viele Betroffene mit „Almosen“ abgespeist würden, dann ging er zur Systemkritik über und forderte schließlich, Gelder aus der Entwicklungshilfe und der Ukraine-Hilfe umzuschichten, damit Österreicher von einem „Rechtsanspruch auf Katastrophenhilfe“ profitieren. Ganz gemäß Kickls Wahlkampfslogan: „Der Einzige auf Eurer Seite“.
Wahlforscher halten es übrigens für durchaus möglich, dass das verheerende Hochwasser, das Österreich heimgesucht hat, eher der regierenden ÖVP nützt als der Klimawandel-leugnenden FPÖ. Und dass die ÖVP nach der Flut sogar noch stärkste Partei werden könnte. Nicht sicher, aber vorstellbar.
Bundeskanzler Karl Nehammer stand zwar nicht wie weiland Gerhard Schröder im historischen Elbe-Hochwasser 2002 in Gummistiefeln herum, was Experten damals als Wahlkampf-Gamechanger für die SPD werten. Nehammer gab vor allem den seriösen Krisenmanager im Krisenzentrum mit Krisenanzug. Aber Nehammer und Bürgermeister als Macher, Feuerwehrleute, Polizei und Rotes Kreuz als Retter, Nachbarn für Nachbarn als Helfer in der Not, und dann noch der Staat, der Kompensationszahlungen und Investitionen verspricht – da sah das „System“, das die FPÖ so hasst, auf einmal ganz sympathisch aus.
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