Österreich:Haiders "Ortsbildpflege"

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Neues von Jörg Haider: Der Landeshauptmann von Kärnten lässt den Bau von Moscheen verbieten.

Michael Frank

Jörg Haider hat den ihm von internationalen Medien angehängten Titel "Alpen-Ayatollah" wohl nur halbwegs als Schmähung, halb auch als Ehrentitel aufgefasst. Nun wird man ihm diesen Namen wohl wieder wegnehmen müssen. Haider rühmte sich stets als Freund der Araber, auch der Muslime - Kritiker meinen, er tat dies aus einem alten, antisemitischen Reflex heraus. Wenn es sein musste, stand er den Arabern auch in schwersten Zeiten bei. So besuchte er zweimal den irakischen Tyrannen Saddam Hussein, als der bereits im Sturz begriffen war; so erfreut er sich eigenem Bekunden nach bis heute der Freundschaft der Familie des libyschen Autokraten Muammar al-Gaddafi. Nun aber lässt Haider in seiner Alpenfestung Kärnten den Bau von Moscheen verbieten.

Jörg Haider: Warnung vor "Überfremdung" (Foto: Foto: Reuters)

Die Debatte über islamische Gotteshäuser geht in Österreich ähnlich dauerhaft um wie in Deutschland, wird aber gewöhnlich moderater geführt. Haider ist einer jener, die solche Bauten, allzumal mit Minarett, als ein Element der "Überfremdung", als ein Zeichen des "Vormarsches des Islam" im Abendland brandmarkt. Bemerkenswerterweise in einem Bundesland, in dem nur zwei Prozent der Bevölkerung Muslime sind. 200 Beträume gibt es in Österreich, aber nur zwei Moscheen, eine in Wien und eine in Telfs in Tirol.

Die konservative Mehrheit in Kärnten aus Haiders rechtsradikalem Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) und der christsozialen Volkspartei rühmt sich der neuen Bestimmung als beispielhaft "für ganz Europa". In dem Gesetz ist weder von Moscheen noch von Minaretten, geschweige denn von Muslimen die Rede. Wäre dem so, dann würde dies dem in der Verfassung garantierten Recht auf freie Religionsausübung widersprechen.

Haider, der schon auch mal den Verfassungsgerichtshof verhöhnt und dessen Urteile ignoriert, hat hier gelernt, solche Konflikte sogleich zu vermeiden: Die Gesetzesvorlage betrifft deshalb nur die "Ortsbildpflege". Sie schreibt eine "Ortsbildpflege-Sonderkommission" vor, die eingeschaltet werden muss, wenn Bauvorhaben "sowohl in Bauvolumen als auch in Bauhöhe der ortsüblichen Bautradition" widersprechen. Diese Kommissionen werden gehalten sein, in Fällen eindeutiger ideologisch-religiöser Ausrichtung solcher Pläne besonders zurückhaltend zu agieren.

Sollte eine Gemeinde ein solches Vorhaben trotzdem genehmigen, behält sich die Landesregierung Einspruch beim Verwaltungsgerichtshof vor. Was also unverfänglich klingt, ist im Kern ein Anti-Moscheen-Sondergesetz. Grüne und Sozialdemokraten werden deshalb dagegen stimmen, zumal es ihrer Ansicht nach genug wirksame Ortsbildbestimmungen gebe und hier die Gemeinden bevormundet würden.

© SZ vom 16. - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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