Süddeutsche Zeitung

Österreich:Wiener FPÖ spaltet sich wegen Strache

  • Drei Wiener Landtagsabgeordnete spalten sich von der FPÖ-Fraktion ab. Sie haben bekanntgegeben, eine neue politische Partei namens "Die Allianz für Österreich" (DAÖ) zu gründen.
  • Als Grund wird der Umgang mit dem ehemaligen Parteichef Strache genannt.
  • Strache selbst hält sich bislang bedeckt, ob er Mitglied in der neuen Gruppe werden wird.
  • Nach SZ-Informationen soll das Parteiverfahren gegen ihn wegen einer Spesenaffäre am Freitag abgeschlossen sein - es läuft auf einen Ausschluss hinaus.

Von Oliver Das Gupta, Salzburg, und Jana Anzlinger

Paukenschlag in Wien: In der österreichischen Hauptstadt, die gleichzeitig ein Bundesland ist, haben sich drei Landtagsabgeordnete von der radikal rechten Freiheitlichen Partei (FPÖ) abgespaltet und eine neue Bewegung gegründet: "Die Allianz für Österreich", kurz DAÖ. Bislang handelt es sich nur um einen Klub. Es hieß, Satzungen zur Parteigründung seien beim österreichischen Innenministerium hinterlegt worden - dort bestätigt man am Donnerstagnachmittag auf SZ-Anfrage der Unterlagen.

Die drei bisherigen freiheitlichen Politiker erklärten am Donnerstagvormittag auf einer Pressekonferenz in Wien, sie hofften auf ein politisches Comeback von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in ihren Reihen. Es sei eines der Ziele der DAÖ, den ehemaligen Vizekanzler als Spitzenkandidaten für die Wien-Wahl 2020 zu gewinnen, sagte Wortführer Karl Baron.

Strache war im Mai wegen des Ibiza-Videos als stellvertretender Regierungschef und FPÖ-Vorsitzender zurückgetreten. Im Herbst waren Vorwürfe laut geworden, wonach Strache Spesen bei der Partei absichtlich falsch abgerechnet habe. Bis zur Klärung der Causa war Straches Mitgliedschaft suspendiert worden. In den vergangenen Tagen verdichteten sich die Hinweise, dass sich Strache systematisch auf Kosten der FPÖ bereichert haben könnte. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll das Parteiverfahren an diesem Freitag abgeschlossen werden. Strache soll die Chance haben, persönlich auszusagen zur Spesen-Affäre - es ist unwahrscheinlich, dass er erscheint. Es läuft auf einen Parteiausschluss hinaus. Der ehemalige Parteichef bestreitet die Vorwürfe und spricht von einem Vernichtungsfeldzug gegen ihn.

Die Spesen-Affäre ist auch der Grund, weshalb die drei Lokalpolitiker nun die FPÖ verlassen haben. "Die FPÖ ist in den letzten Wochen zu einer Anti-Strache-Partei geworden", sagte der Wortführer Baron.

Unter einer von ihnen verbreiteten URL findet sich eine Homepage mit einem "DAÖ"-Logo. Es handelt sich um einen Klub, was einer deutschen Fraktion entspricht. Neben Baron, dem wegen seiner Pro-Strache-Haltung gerade abgesetzten Chef der Freiheitlichen Wirtschaft in Wien, sind die Abgeordneten Dietrich Kops und Klaus Handler die Köpfe der neuen Gruppe.

Alle drei stehen Strache nahe, einer stammt aus Straches Wiener Heimatbezirk. Unklar ist bislang, ob der frühere Vizekanzler an der Gründung des neuen Klubs beteiligt ist. Strache selbst hält sich bislang bedeckt.

Man wolle den über das Ibiza-Video gestürzten Ex-Vizekanzler Strache nun von einem Parteiwechsel überzeugen und sei dazu bereits mit ihm in Kontakt, erklärte Baron. Der größte Unterschied zu FPÖ sei: "Wir haben keinen Anti-Strache-Kurs".

In Österreich wurde zuletzt immer wieder über ein Comeback Straches noch vor den Landtagswahlen in Wien im kommenden Jahr spekuliert. Der 50-Jährige hatte sich offiziell am 1. Oktober aus der Politik zurückgezogen, war aber nicht konsequent darin. Regelmäßig hat er sich via Facebook zu Wort gemeldet, war als Redner auf einer Demonstration aufgetreten und schlug sogar seine Rückkehr als Chef der Wiener Landespartei vor.

Die FPÖ hatte bei der Parlamentswahl am 29. September fast zehn Prozentpunkte verloren und lediglich 16,2 Prozent erreicht. Wahlsieger wurde die ÖVP mit ihrem Spitzenkandidaten Sebastian Kurz, der gerade Gespräche für eine Regierungsbildung führt. Momentan ist übergangsweise eine aus Experten bestehende Regierung im Amt.

Hauptursachen für das Abschneiden der Rechtspopulisten dürften die Spesenaffäre Straches sowie die Folgen des Ibiza-Video sein, über das SZ und Spiegel im Mai berichtet hatten. Darin wurde dokumentiert, dass Strache sich bei einem Treffen mit einer vermeintlichen, schwerreichen Russin offen zeigte für dubiose Deals. Im Zuge der Ibiza-Affäre war Strache als Vizekanzler und Parteichef zurückgetreten, danach zerbrach die Koalition aus FPÖ und konservativer Volkspartei (ÖVP) von Sebastian Kurz.

Der Bundesparteiobmann der FPÖ, Norbert Hofer, spottete über die Neugründung auf Twitter, sie sei das "Bündnis Zukunft Ibiza". Der Witz spielt auf das "Bündnis Zukunft Österreich" an - eine Partei, die FPÖ-Mitglieder rund um Jörg Haider, ebenfalls Ex-FPÖ-Chef, im Jahr 2005 gründeten. Haider ist 2008 verstorben; die Partei existiert noch, dümpelt allerdings als Kleinstpartei ohne Vorsitzende vor sich hin. Der Kronen Zeitung zufolge will Allianz-Mitbegründer Baron sein Mandat als Wiener Gemeinderat zurücklegen und plane, Strache zum Comeback zu verhelfen. Sollte DAÖ-Wortführer Baron auf sein Mandat verzichten, könnte ausgerechnet Strache nachrücken. Baron schloss einen solchen Wechsel nicht aus.

Dem neuen Klub steht - neben Räumlichkeiten - eine Förderung von bis zu 62000 Euro monatlich zu.

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