Am vergangenen Montag jährte sich der Tag der Befreiung der Welt vom NS-Regime zum 78. Mal. Und auf dem Wiener Heldenplatz veranstaltete das Mauthausen Komitee zum elften Mal ein Fest der Freude. Mit dabei waren die Wiener Symphoniker, Konstantin Wecker, die Zeitzeugin Anna Hackl, der Bundespräsident. Gerade mal 8000 Menschen fanden sich bei bestem Wetter ein.
In Deutschland war es Bundespräsident Richard von Weizsäcker gewesen, der 1985 von einem "Tag der Befreiung" sprach; in Österreich hat es bis 1991 gedauert, bis SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky Schluss machte mit dem Opfermythos: Die Gesellschaft müsse sich zur "Mitverantwortung für das Leid" bekennen, das "Bürger dieses Landes über andere Menschen und Völker gebracht haben".

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Diese Haltung gilt mittlerweile als Konsens in Österreich. Fast. Die FPÖ wurde einst auch von ehemaligen Nationalsozialisten gegründet, sie ist im Kern bis heute intolerant, minderheitenfeindlich, demagogisch, populistisch. Die Unbelehrbaren, die es - noch oder wieder - gibt, suchen ihre Heimat - noch oder wieder - zum Teil in der FPÖ. Das Mauthausen Komitee etwa führt eine lange Liste "rechtsextremer und neonazistischer Vorfälle" bei den Freiheitlichen, die selbst von "Einzelfällen" spricht.
Kein Einzelfall ist es, dass FPÖ-Chef Herbert Kickl den Bundespräsidenten als "Mumie" und "senil" bezeichnet. Dabei war es Alexander Van der Bellen, der - mit Blick auf demnächst drei Koalitionen aus ÖVP und FPÖ in den Bundesländern -, den vielleicht wichtigsten Satz des Abends sagte: Noch immer gebe es die Sehnsucht "nach dem starken Mann, die Verachtung für die liberale Demokratie westlicher Prägung, die Angst vor einer vielfältigen Gesellschaft. Haltung ist das nicht".
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), der Kickl eine "Radikalisierung" attestiert, weigert sich standhaft, eine Koalition mit der in Teilen rechtsextremen Partei im Bund im kommenden Jahr auszuschließen. Das müssten "die Wähler entscheiden". Nur wollen die Wähler, laut Umfragen, etwa in Salzburg mehrheitlich keine schwarz-blaue Koalition. Die ÖVP will sie aber offenbar schon.
Am vergangenen Dienstag dann, am 9. Mai, hielt auf dem Judenplatz in Wien die Ukrainerin Oleksandra Matwijtschuk zum Beginn der Wiener Festwochen eine "Rede an Europa". Vielleicht hundert Zuhörer waren diesmal gekommen. Die Menschenrechtsaktivistin leitet das "Center for Civil Liberties" in Kiew, das 2022 den Friedensnobelpreis bekam. Wladimir Putin, sagte sie, habe Angst vor der Demokratie, denn: "Diktatoren fürchten die Idee der Freiheit." Und sie appellierte an Europa, Integration zu gewährleisten, ohne Homogenität zu erzwingen. Und nicht zuzulassen, dass Autoritarismus und Imperialismus in seinen Gesellschaften wieder Wurzeln schlagen.
Zwei Warnungen. Eine Botschaft.
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