Österreich: FPÖ-Kandidat Hofer und die NPD-Postille

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Das Interview mit Hofer

(Foto: Abbild der "Hier und jetzt - radikal rechte Zeitschrift", Ausgabe 17/2011. Bearbeitung SZ.de)
  • Der österreichische Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer hat 2011 einer NPD-nahen Zeitschrift ein Interview gegeben.
  • Der FPÖ-Politiker nannte darin den österreichischen Biologen Konrad Lorenz (1903-1989) ein "Vorbild für jeden Politiker". Der Rassekundler Lorenz hatte in der NS-Zeit die "Ausmerzung ethisch Minderwertiger" gefordert.

Von Oliver Das Gupta, Wien

In Österreich wird an diesem Wochenende ein neuer Bundespräsident gewählt. Mit Norbert Hofer könnte dabei erstmals ein Kandidat der rechtspopulistischen FPÖ das höchste Staatsamt erringen. Auch in rechten Kreisen in Deutschland verfolgt man diese Entwicklung gespannt. So erscheint an diesem Freitag in der Zeitung Junge Freiheit - dem Leitmedium der neuen Rechten in Deutschland - ein Interview mit Hofer. Darin präsentiert sich der Bewerber für das höchste Staatsamt Österreichs als ganz normaler Mensch, der am Wochenende den Rasen mäht und einigermaßen gemäßigte Ansichten vertritt. Als "Präsident der Herzen" verkauft ihn die Zeitung.

Seine Ansichten allerdings sind radikal. Er gilt als einer der wichtigsten Männer hinter dem aktuellen FPÖ-Programm. Interessant wird deshalb nun ein bislang kaum beachtetes Interview Hofers. In der Ausgabe 17/11 veröffentlichte die Zeitschrift hier & jetzt vor fünf Jahren ein Interview mit ihm, das nun aus gleich mehreren Gründen aktuell wird.

Die rechtsextremen Gesprächspartner Hofers

Das Magazin hier & jetzt will ein intellektuelles Publikum ansprechen und steht der rechtsextremen NPD nahe, einer Partei, die in Deutschland möglicherweise bald verboten wird.

Hofer ist kein Neonazi, er hat auch keine einschlägige Vergangenheit wie andere seiner Parteifreunde, etwa FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache, der in seiner Jugend über Jahre fester Bestandteil der Neonaziszene war.

Aber 2011 ließ sich Hofer von zwei politisch aktiven Rechtsextremisten befragen: Arne Schimmer, damals sächsischer NPD-Landtagsabgeordneter, und Thorsten Thomsen, seinerzeit Pressesprecher der sächsischen NPD-Landtagsfraktion.

Die Macher der Postille lassen keine Zweifel an ihrer Gesinnung: In der Ausgabe findet sich unter anderem ein Gedicht, in dem es von Vokabeln aus der Neonazi-Szene wimmelt: Da ist die Rede von "tausend großen Jahren", von Odins Raben und fest geschlossenen Reihen wie im Horst-Wessel-Lied.

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Abbild der "Hier und jetzt - radikal rechte Zeitschrift", Ausgabe 17/2011

(Foto: Abbild der "Hier und jetzt - radikal rechte Zeitschrift", Ausgabe 17/2011. Bearbeitung SZ.de)

Hat Hofer nach wie vor Kontakt zu Schimmer oder anderen Rechtsextremisten der NPD? Würde der Präsidentschaftskandidat noch heute der NPD-Postille ein Interview geben?

Bisher keine Antwort wegen einer "Mailflut"

Hofer ließ sich von hier & jetzt zu energiepolitischen Themen befragen, seine Antworten lesen sich geschmeidig und erwartbar: Der stellvertretende FPÖ-Chef attackiert unter anderem die Grünen und wünscht sich, dass Österreich seinen Strom nicht importiert, sondern selbst produziert.

Eine Aussage Hofers lässt allerdings aufhorchen. Es ist die Antwort auf die Frage nach der Bedeutung des österreichischen Verhaltensforschers Konrad Lorenz für die energie- und umweltpolitische Programmatik der FPÖ.

Lorenz ist vor allem bekannt für seine Arbeit mit Graugänsen. Für seine unbestritten großen Leistungen als einer der "Väter" der Verhaltensbiologie wurde ihm im Jahre 1973 der Nobelpreis für Medizin zugesprochen. Vor seinem Tod 1989 engagierte er sich gegen den Bau des österreichischen Atomkraftwerkes Zwentendorf und wurde so auch in ökologischen Kreisen populär.

FPÖ-Mann Hofer bezog sich in seiner Antwort in hier & jetzt allerdings weder auf Graugänse noch auf die Energie- oder Umweltpolitik. Der FPÖ-Vize sagte: "Konrad Lorenz muss für jeden Politiker Vorbild und auch Anstoß für gesellschaftspolitische Überlegungen geben."

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Auzug aus der 17. Ausgabe von "hier & jetzt"

(Foto: Abbild der "Hier und jetzt - radikal rechte Zeitschrift", Ausgabe 17/2011. Bearbeitung SZ.de)

Gerade die gesellschaftspolitischen Überlegungen von Konrad Lorenz waren allerdings alles andere als vorbildlich. Lorenz war seit 1938 Mitglied der NSDAP und vertrat vor 1945 nachdrücklich die nationalsozialistische Ideologie. Schon vor dem "Anschluss" seiner Heimat Österreich durch Hitler-Deutschland ging er davon aus, menschliche Charakterzüge seien eine Sache der Vererbung. Als Mitarbeiter des Rassepolitischen Amtes der NSDAP propagierte er in Schriften theoretisch die Vernichtungspolitik des NS-Staates und forderte sogar die "Ausmerzung ethisch Minderwertiger".

Der Kandidat schweigt bislang

Nach dem Krieg distanzierte Lorenz sich nicht ausdrücklich von seinen früheren Aussagen, wollte vielmehr nicht mehr darüber sprechen. Auch blieb er dabei, dass manche Menschen "Parasiten" der Gesellschaft seien.

Ein zweiter Wissenschaftler, den Hofer als "wesentlichen Vordenker" bezeichnete, ist der Österreicher Hans Hass. Der Biologe wünschte sich angesichts der Überbevölkerung, dass jeder Frau das Recht bescheinigt würde, zwei Kinder zu gebären - aber nicht mehr.

Hofer selbst hat drei Kinder aus erster Ehe und ein weiteres mit seiner zweiten Frau.

Diese Männer also sind für Norbert Hofer Vorbilder und Vordenker. Was meint der FPÖler damit, wenn er sagt, Lorenz müsse "Anstoß für gesellschaftspolitische Überlegungen geben"? Auf welche Aspekte von Lorenz' Ansichten bezieht sich der Präsidentschaftskandidat?

Die hier aufgeworfenen Fragen hat die SZ Hofer zukommen lassen; beantwortet wurden sie bislang nicht. Erst am Donnerstagmittag bestätigte sein Parlamentsbüro, dass die Fragen dem Pressesprecher seit dem Vortag vorliegen, und bat um Geduld wegen einer "Mailflut". Auf die Nachfrage, wann mit einer Anwort zu rechnen sei, reagierte Hofers Büro nicht mehr.

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