Österreich:Neuanfang mit Schatten

FPÖ-Generalsekretär Vilimsky

Harald Vilimsky, Generalsekretär der FPÖ, hat seinen Rücktritt bekannt gegeben.

(Foto: Erwin Scheriau/dpa)
  • Die FPÖ will sich neu ausrichten und sich vom ehemaligen Parteichef Strache distanzieren.
  • Die Wahl des neuen Generalsekretärs Michael Schnedlitz zeigt, dass die Abgrenzung nach rechts nicht wirklich gelingt.
  • Bis zum Ende des Jahres will sich die Partei neue Compliance-Regeln geben, um künftig einen Missbrauch wie bei Straches Spesen-Affäre zu unterbinden.

Von Peter Münch, Wien

Die FPÖ versucht den Neuanfang nach einem laut Parteichef Norbert Hofer "sehr turbulenten Jahr". Österreichs Freiheitliche wollen Ibiza-und Spesenskandal sowie die damit zusammenhängenden Wahlniederlagen hinter sich lassen und, wiederum laut Hofer, als "moderne rechtskonservative Partei" in der Opposition neu durchstarten. Dazu hat sich die Parteiführung nun nach Leoben in der Steiermark zu einer zweitägigen Klausur zurückgezogen. Bei der Präsentation der Ergebnisse wurde am Donnerstag jedoch deutlich, dass der Neustart eher ein Etappenlauf mit Hindernissen werden könnte - und dass dabei bereits die Ersten auf der Strecke geblieben sind.

Überraschend ihre Ämter verloren haben die beiden Generalsekretäre Harald Vilimsky und Christian Hafenecker. Beide betonen, sie seien freiwillig zurückgetreten. Doch besonders im Fall Vilimskys, der das Amt 14 Jahre innehatte, wird das Ende als weitere Abgrenzung der Partei gegenüber der Ära des inzwischen ausgeschlossenen früheren Vorsitzenden Heinz-Christian Strache verstanden.

Als neuer Generalsekretär wurde der 35-jähige Michael Schnedlitz präsentiert - und an dieser Personalie wurde gleich exemplarisch deutlich, welche Schatten über dem Neuanfang liegen. Als Vizebürgermeister in Wiener Neustadt nämlich hatte sich der FPÖ-Politiker bei einer Kundgebung 2016 an die rechtsradikalen Identitären herangewanzt mit den Worten: "Ich begrüße euch recht herzlich in Wiener Neustadt. Hier seid ihr willkommen." Weil Hofer in jüngerer Zeit stets die Abgrenzung gegenüber den Identitären gepredigt hatte und es dazu inzwischen sogar einen Vorstandsbeschluss gibt, hatte er in Leoben einige Mühe, die Wahl des Generalsekretärs als Erneuerungssignal einzuordnen. Zur Verteidigung verwies er darauf, dass sich seit 2016 einiges verändert habe, auch bei den Identitären. Er lobte Schnedlitz als "ruhigen, besonnenen Menschen". Man müsse sich "wirklich keine Sorgen machen".

Neue Dimension des "Heimatschutzes"

Zur Zerstreuung mancher womöglich doch vorhandener Sorgen will die FPÖ künftig bei der Aufnahme neuer Mitglieder strengere Kriterien anlegen. Der Welser Bürgermeister Andreas Rabl, der eine innerparteiliche Reformgruppe zur Modernisierung leitet, nannte ein Bekenntnis zum Rechtsstaat und zur Gewaltfreiheit als Voraussetzung. Geschärft werden soll die Trennlinie zwischen rechts und rechtsextrem. "Wir wollen uns nicht nach rechts abgrenzen, wir sind eine Rechtspartei", erklärte Rabl.

Inhaltlich will die FPÖ den Begriff "Heimatschutz" weiter auslegen. Neben der Sicherheitspolitik und dem immer wieder propagierten Kampf gegen den politischen Islam soll es dabei künftig auch darum gehen, die Abwanderung aus dem ländlichen Raum zu stoppen, zum Beispiel durch eine Verbesserung der Infrastruktur oder durch Digitalisierung. Zudem will sich die FPÖ stärker der Familienpolitik und hier insbesondere den Bedürfnissen von Alleinerziehenden widmen.

Bis zum Ende des Jahres sollen auch neue Compliance-Regeln vorgelegt werden, um einen mutmaßlichen Missbrauch wie bei Straches Spesen-Affäre zu unterbinden. Für Funktionäre werden dazu dann auch Schulungen angeboten. Beachtet werden sollen die neuen Regeln auch bei den sogenannten Vorfeldorganisationen, denen oft eine verdeckte Finanzierung von Parteiaktivitäten vorgeworfen wurde. Bei der Erläuterung der Leobener Ergebnisse hat sich dazu allerdings auf der FPÖ-Webseite ein kleiner Schreibfehler eingeschlichen. Dort war von "Vorgeldorganisationen" die Rede.

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