Österreich:Eine Rauch-Absage an die FPÖ

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  • Die Gastronomie in Österreich soll rauchfrei werden. Ein geplantes Volksbegehren hat schon nach 72 Stunden mehr als 100 000 Unterstützer.
  • Die FPÖ will das Verbot eigentlich verhindern. Doch ausgerechnet sie werben stets für direkte Demokratie.

Von Peter Münch, Wien

Der Streit ums Rauchen wird für Österreichs neue Regierung zu einer echten Herausforderung. Ein geplantes Volksbegehren für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie, mit dem ein zentrales Projekt der Koalitionspartei FPÖ attackiert wird, hat bereits in den ersten Tagen mehr als 170 000 Unterstützer gefunden. Die Opposition aus SPÖ, Neos und Liste Pilz ist längst auf den Zug aufgesprungen und will der Regierung eine symbolträchtige Niederlage beibringen. Pikant ist dabei, dass nun ausgerechnet ein Volksbegehren die FPÖ in Bedrängnis bringen könnte, die sich stets als Verfechter einer plebiszitären Demokratie geriert.

Der Ende vergangener Woche gefallene Startschuss für ein Volksbegehren richtet sich gegen die Koalitionsabsprache, das ursprünglich für den 1. Mai geplante Rauchverbot in Gaststätten zu kippen. Die FPÖ hat durchgesetzt, dass die bisherige Regelung beibehalten wird, nach der in kleineren Lokalen sowie in abgetrennten Bereichen geraucht werden darf. Begründet hat sie dies mit allgemeinen Freiheitsfloskeln und den Interessen der Gastronomie. Dagegen halten nun als Initiatoren des Volksbegehrens die Wiener Ärztekammer und die Krebshilfe. Sie verweisen auf Tausende Krebstote pro Jahr und darauf, dass Österreich europaweit zu den Schlusslichtern beim Nichtraucherschutz zähle.

Die Unterstützungserklärungen können persönlich bei den Ämtern sowie elektronisch per Handysignatur abgegeben werden. Wegen des Andrangs brachen jedoch bereits mehrmals die Server zusammen. Das hat nicht nur zu langen Wartezeiten und Unzufriedenheit bei den Unterzeichnern geführt, sondern sogar Anlass für Verschwörungstheorien gegeben. Schließlich ist das von der FPÖ geführte Innenministerium für die Abwicklung zuständig. Die SPÖ stellte eine parlamentarische Anfrage an Minister Herbert Kickl zur Klärung der technischen Probleme.

Ärtzekammer freut sich über die Zustimmung

Für die formelle Einleitung eines Volksbegehrens hätten bereits 8401 Unterstützungserklärungen gereicht. Bei 100 000 Unterschriften ist in Österreich eine verpflichtende Debatte im Parlament vorgesehen. Die Ärztekammer freut sich nun über den "sensationellen Start" und ruft zu weiteren Unterschriften auf, um so "den Druck sukzessive zu erhöhen". Die Unterstützung zeige, dass in der Politik ein "Umdenken" nötig sei, sagte Ärztekammerchef Thomas Szekeres.

Ins gleiche Horn bläst die SPÖ-Gesundheitssprecherin Pamela Rendi-Wagner. "Gerade eine Regierung, die sich auf die Fahne schreibt, die direkte Demokratie ausbauen zu wollen, muss dieses deutliche Signal aus der Bevölkerung verstehen und ihre Politik überdenken", forderte sie. Bei der FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch zeigte der Druck eine erste Wirkung. Es dürfe beim Rauchverbot "keine Denkverbote geben", sagte sie im ORF. "Sollte sich das wirklich die Bevölkerung wünschen, ist das nicht ausgeschlossen." Später ruderte sie allerdings auf die alte Parteilinie zurück und nannte das Volksbegehren parteipolitisch motiviert und "unseriös".

© SZ vom 20.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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