Österreich hat in den vergangenen Tagen Höchststände bei der Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus verzeichnet. Deshalb hat die türkis-grüne Bundesregierung verschärfte Maßnahmen angekündigt. Der Geltungsbeginn wurde von Freitag im letzten Moment auf Sonntagmitternacht verschoben.
Eine Auswahl der verschärften Hygiene-Regeln: In öffentlich zugänglichen geschlossenen Räumen muss künftig ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Außerdem soll ein Ein-Meter-Mindestabstand gelten zwischen Personen, die nicht zum selben Haushalt gehören ( aber es gibt Ausnahmen). Zudem soll nach der Sperrstunde rund um ein Lokal in einem Umkreis von 50 Metern kein Alkohol mehr konsumiert werden. Auch sind Gesichtsvisiere ab 7. November als Schutz nicht mehr zulässig, sondern nur noch eng anliegende Mund-Nasen-Masken. Weitere Informationen zu den Hygiene-Verordnungen gibt es auf der Homepage des Gesundheits- und Sozialministeriums von Ressortchef Rudolf Anschober.
Anschober sprach am Freitag von einer "sehr ernsten Situation". Der Grünen-Politiker rechnet mit einer weiteren Verschärfung der Lage. "Wir sind leider nicht am Höhepunkt angelangt, es gibt weiterhin Zuwächse." Oberstes Ziel sei weiterhin, einen Lockdown zu vermeiden.
Der Minister forderte die Bevölkerung zur Zurückhaltung auf. Man möge die Herbstferien besser zu Hause verbringen und besser auf Halloween-Feiern verzichten. Kommendes Jahr könne wieder "die Post abgehen", sagte Anschober bei einer Pressekonferenz.
Am Donnerstagabend stellte das Land seine Corona-Ampel für zahlreiche weitere Regionen auf Rot. Betroffen sind unter anderem bei Touristen beliebte Gegenden wie der Tiroler Bezirk Landeck - dort liegt der Wintersportort Ischgl, der im März zu einem Corona-Hotspot wurde.
Die vierfarbige Corona-Ampel zeigte (Stand Freitagmittag) nur noch vier Bezirke grün eingefärbt: Demnach herrscht ein geringes Pandemie-Risiko in Waidhofen an der Ybbs (Stadt) in Niederösterreich, im steirischen Murau, in Feldkirchen in Kärnten sowie in Jennersdorf im Burgenland.
Am Donnerstag meldeten Innen- und Gesundheitsministerium 2435 Neuinfektionen binnen 24 Stunden, nachdem am Vortag mit 1958 positiven Tests der bisherige Höchststand erreicht worden war. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl ist das deutlich mehr als in Deutschland. In Österreich leben rund neun Millionen Menschen.
Ausnahme Kärnten - und zwei weitere Gemeinden
In Deutschland reagierte man auf den starken Anstieg der Infiziertenzahl in Österreich mit einer Ausweitung der Reisewarnung auf fast das gesamte Nachbarland. Ausnahme bleibt das Bundesland Kärnten, das mit 55,1 Fällen pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen die geringste sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz hatte.
Das Auswärtige Amt in Berlin nennt zwei weitere Ausnahmen. Die Tiroler Exklave Jungholz sowie das zum Bundesland Vorarlberg gehörende Kleinwalsertal fallen nicht unter die Reisewarnung. Beide Alpengemeinden sind auf dem Landverkehrsweg nur über Deutschland zu erreichen.
Die Zahl der neu gemeldeten Fälle binnen sieben Tagen stieg österreichweit auf 134,5 pro 100 000 Einwohner, wie aus Daten der Gesundheitsbehörde Ages am Donnerstag hervorging.
Angesichts dieser Entwicklung müssen Besucher von Kultur- und Sportveranstaltungen ab Sonntag ständig einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Bei behördlich genehmigten Events gilt ein Besucherlimit von 1000 Menschen in Gebäuden und 1500 Menschen im Freien.
Grenzpendler betroffen
Die inzwischen im Freistaat Bayern in Kraft getretenen schärferen Regeln für extreme Corona-Hotspots und die neue Testpflicht für Berufspendler aus ausländischen Risikogebieten betreffen auch Menschen aus dem angrenzenden Österreich. Im Kreis Berchtesgadener Land dürfen etwa Veranstaltungen nur noch mit maximal 50 Teilnehmern stattfinden. Zudem gilt eine Sperrstunde ab 21 Uhr. Möglicherweise gelten die Regeln demnächst auch für den Landkreis Rottal-Inn.
Für Grenzpendler aus ausländischen Corona-Risikogebieten gilt laut der geänderten bayerischen Verordnung seit Freitag: Wer "regelmäßig mindestens einmal wöchentlich nach Bayern einreist, um sich dort aus beruflichen oder geschäftlichen Gründen, zu Ausbildungszwecken oder zum Schul- oder Hochschulbesuch aufzuhalten", muss den Behörden vor Ort nun unaufgefordert binnen sieben Tagen und anschließend regelmäßig einmal pro Woche einen negativen Corona-Test vorlegen.