Österreich:BZÖ droht Verlust aller Sitze

Die Mehrheiten im Wiener Nationalrat könnten sich total verschieben - wenn eine Klage gegen das Wahlergebnis Erfolg hat. Das rechte BZÖ hat bei der Listenaufstellung offenbar einen gravierenden Fehler gemacht.

Der erst im April 2005 gegründeten Partei droht inzwischen sogar der Rauswurf aus dem Nationalrat, obwohl das Bündnis mit knapp 4,2 Prozent die in Österreich geltende Vier-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament knapp übersprungen hatte.

Österreich: Muss um die Mandate seiner Partei bangen: BZÖ-Chef Peter Westenthaler

Muss um die Mandate seiner Partei bangen: BZÖ-Chef Peter Westenthaler

(Foto: Foto: AFP)

Mehrere Verfassungsrechtler erklärten am Dienstag, die Wahlergebnisse des BZÖ im Land Kärnten und den übrigen Bundesländern dürften nicht zusammengezählt werden, da die Partei dort mit unterschiedlichen Namen angetreten sei. Das BZÖ war in Kärnten unter der Bezeichnung "Die Freiheitlichen in Kärnten - Liste Jörg Haider - BZÖ", auf Bundesebene aber unter der "Liste Peter Westenthaler - BZÖ" angetreten.

Grünen-Chef Alexander van der Bellen sagte am Dienstag, seine Partei erwäge jetzt einen entsprechenden Einspruch vor Gericht. Sollte eine derartige Wahlanfechtung Erfolg haben, könnte das BZÖ seine sieben Mandate wieder verlieren. SPÖ und Grüne würden dann mit zusammen 93 Sitzen über eine knappe Mehrheit im Nationalrat (183 Sitze) verfügen.

Am Montagabend war in Wien das amtliche Endergebnis der Nationalratswahl vorgelegt worden. Daraus geht eine Verschiebung auf dem dritten Platz hervor: Die Grünen, die bislang knapp hinter der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) lagen, konnten sich nach Auszählung der im Ausland abgebenen Stimmen so weit verbessern, dass sie die FPÖ um 0,01 Prozentpunkte überrundeten.

Demnach liegen die Grünen jetzt mit 11,05 Prozent der Stimmen auf Platz drei, gefolgt von der FPÖ mit 11,04 Prozent auf Platz vier. Die Differenz beträgt nur rund 530 Stimmen. Beide Parteien werden im neuen Nationalrat je 21 der insgesamt 183 Mandate wahrnehmen.

Als drittstärkster Kraft steht den Grünen im neuen Nationalrat erstmals auch die Position eines stellvertretenden Parlamentspräsidenten zu. Außerdem erhalten die Grünen zusätzlich 400.000 Euro Rückerstattung für die Wahlkampfkosten.

BZÖ verliert Sitz an Grüne

Wahlsiegerin bleibt auch nach dem amtlichen Endergebnis die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ). Mit 35,34 Prozent der Stimmen liegt sie vor der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) des bisherigen Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel, die auf 34,33 Prozent kommt.

Die SPÖ erhält damit 68 Mandate, die ÖVP 66. Im Nationalrat vertreten ist außerdem noch das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ). Diese Abspaltung der FPÖ errang 4,11 Prozent der Stimmen und damit sieben Mandate. Am Wahlabend des 1. Oktober hatte das BZÖ noch acht Mandate, einen Sitz verloren es bei der Auszählung der letzten Stimmen an die Grünen.

Es wird erwartet, dass Bundespräsident Heinz Fischer bereits am Mittwoch SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer mit der Regierungsbildung beauftragt.

Da von den drei kleineren Parteien keine stark genug wurde, um SPÖ oder ÖVP eine kleine Koalition aus zwei Parteien zu ermöglichen, erwarten alle Beobachter die Bildung einer großen, rot-schwarzen Koalition unter Führung von SPÖ-Chef Gusenbauer.

Bisher zeigten vor allem die Vertreter der amtierenden Regierungspartei ÖVP aber nur geringe Neigung zu einer Koalition mit der SPÖ. Beide großen Parteien haben ein Bündnis mit der ausländer- und EU-feindlichen FPÖ bisher abgelehnt. Sollten eine große Koalition nicht zu Stande kommen oder scheitern, könnte ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel erneut die Bildung eines Mitte-Rechts-Bündnisses mit FPÖ und dem BZÖ versuchen.

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