Es sind, wie bei ihm nicht anders zu erwarten, die Boulevard-Medien in Österreich, die seine Zukunftspläne verkünden: Den 35-jährigen Alt-Kanzler Sebastian Kurz zieht es offenbar bald in die USA. Die Boulevard-Blätter Kronenzeitung und Österreich berichteten am Weihnachtswochenende gleichlautend, dass er ab Februar einen Topmanagerjob in den USA antreten werde. Die Website Exxpress ergänzt, dass es sich bei Kurz' künftigem Arbeitgeber um die Datenanalysefirma Palantir handle. Die US-Firma Palantir bietet Software zur Analyse großer Datenmengen an und ist durchaus umstritten - nicht nur wegen der Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst CIA.
Palantir selbst meldete sich mit einer schriftlichen Erklärung am Dienstag: "Sebastian Kurz wird nicht bei Palantir arbeiten. Anderslautende Spekulationen, wonach Herr Kurz als Geschäftsführer bei uns anfangen wird, sind nicht korrekt", teilte Jan Hiesserich, Strategy & Communications Executive bei Palantir in Europa mit. Bei Palantir arbeitet bereits die frühere SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas, die mit 33 Jahren aus der Politik ausstieg und seit 2015 dort arbeitet.
Kostenlos abonnieren:SZ Österreich-Newsletter
Was ist los in Österreich? Alles zu Österreich in der SZ. Jeden Freitag per Newsletter. Gleich kostenlos anmelden.
Kurz hatte sein Jura-Studium abgebrochen und war 2011 als Staatssekretär für Integration in die Bundesregierung gekommen. Er war Außenminister und zweimal Bundeskanzler - 17 Monate in einer Koalition mit der FPÖ, 21 Monate einem Bündnis mit den Grünen. Um den Weg an die Spitze zu ebnen, sollen er und einige seiner engsten politischen Mitstreiter mithilfe von Steuergeldern geschönte Umfragen in Auftrag gegeben haben, die im Boulevardmedium Österreich erschienen sind. Als diese Vorwürfe publik wurden, trat Kurz zuerst von der Position des Bundeskanzlers zurück. Anfang Dezember gab er den Rückzug aus der Politik bekannt - mit der Begründung, er wolle mehr Zeit für die Familie haben.
Posieren mit Baby für die Fotografen
Aber offensichtlich will er nicht ganz aus dem Rampenlicht treten. Denn mit Lebensgefährtin Susanne posierte er für die Kronenzeitung beim Spaziergang mit Kinderwagen. Schlaflose Nächte bereite ihm derzeit nur das inzwischen ein Monat alte Baby, nicht die Ermittlungen der Justiz, wird berichtet.
Dabei kamen vergangene Woche neue Enthüllungen aus seinem Umfeld zum Vorschein. Auslöser waren wiederum Chatnachrichten des früheren Kurz-Vertrauten Thomas Schmid. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erhebt schwere Vorwürfe gegen ihn und Unternehmer Siegfried Wolf, der Kurz in Wirtschaftsfragen beraten und zuletzt durch die Übernahme eines Werkes von MAN in Österreich für Aufsehen gesorgt hat. Vergangene Woche gab es in dieser Causa auch Hausdurchsuchungen.
Wolf soll versucht haben, sich um eine Steuernachzahlung in Millionenhöhe zu drücken. In seinem Sinne aktiv geworden sein sollen nicht nur Schmid, sondern auch der damalige Finanzminister Hans-Jörg Schelling, der seinen damaligen Generalsekretär im Ministerium bat: "Bitte SMS gleich löschen." Bekanntlich haben Ermittler etwa 300 000 von Schmid bereits gelöschte Chat-Nachrichten wieder herstellen können, deren Inhalt schließlich Auslöser für den Rücktritt von Kurz und Schellings Nachfolger als Finanzminister, Gernot Blümel, war.
Aus elf wurden sieben Millionen Steuerschulden
Aus den nun durchgesickerten Auszügen geht hervor, dass Automobil-Manager Wolf eine Steuernachzahlung von elf Millionen Euro gedroht hatte. Letztlich zahlte Wolf etwa sieben Millionen nach, zudem wurden ihm mehr als 630 000 Euro, die auf Zinsen entfielen, nachgesehen. Einen Mitarbeiter im Finanzministerium , der sich gegen diese Begünstigung für den Multimillionär querlegte, erinnerte der damalige Generalsekretär, für wen er arbeite: "Vergiss nicht - Du hackelst im ÖVP-Kabinett! Du bist die Hure für die Reichen."
Mit der Leiterin seines Finanzamtes hielt Wolf regen Kontakt. Er duzte die Beamtin nicht nur, sondern traf sich mit ihr auch auf einer Autobahnraststätte. Wolf sorgte via Schmid dann auch dafür, dass sie wunschgemäß auf einen Posten in einer anderen Dienststelle befördert wurde. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erhebt deshalb den Vorwurf der Bestechung und der Bestechlichkeit. Weil bisher erst etwa die Hälfte von Schmids Mitteilungen ausgewertet wurde, werden weitere Ermittlungen erwartet. Kurz selbst beteuert seine Unschuld und behauptet: "Zehn Jahre in der Politik sind genug."
Was ist los in Österreich? Gleich für kostenlosen Österreich-Newsletter anmelden .